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AK Stadt · Seite 12
Mag Josip Sljivic
ist Jurist und
Arbeitsrechtsbera-
ter der AK Wien
MIGRANTEN UND MIGRANTINNEN BEKOMMEN RECHT
Wenn’s am Arbeitsplatz ­bröselt
Wie auch bei „inländischen“ Betrieben gibt es bei migrantischen Unternehmen
Probleme. Die Arbeitsrechtsberatung der AK Wien hilft, wenn Sprachbarrieren
und Unkenntnis des Arbeitsrechts den Beruf erschweren.
Von Josip Sljivic
verschwunden oder die Firma ist pleite – die-
ser Baubetrug ist ein ernstes Problem. Da­
neben kommt es häufig vor, dass Arbeiter
unfreiwillig in die Selbstständigkeit gedrängt
werden. Es sind Ein-Personen-Unternehmen
mit Gewerbeschein für einfache Tätigkeiten:
etwa das „Verspachteln bereits montierter
Gipsplatten“. „Die Kleinst-Unternehmer sind
das letzte Glied in der Kette. Sie würden bes-
ser mit einer festen Anstellung zu fairen Löh-
nen fahren. Das muss der Weg sein, um die-
ses Lohn- und Sozialdumping zu stoppen,
auch im Interesse aller Beschäftigten und der
Firmen, die noch zu fairen Bedingungen
­Arbeitnehmer am Bau anstellen“, sagt Rudi
Kaske. Leider gibt es ähnliche Entwicklungen
im Transportwesen.
Akzeptanz schlechter Bedingungen
Starten MigrantInnen ihren ersten Job in
Österreich, ist ihnen zumeist weder das
­österreichische Lohnniveau noch das
österreichische Arbeitsrecht bekannt. Eine
schlechte Arbeitsmarktlage im Herkunfts-
land macht es leichter, Bedingungen zu
akzeptieren, die bei uns rechtswidrig sind.
Das bestätigt auch die Studie der L&R Sozi-
alforschung im Auftrag der AK Wien, in
à
Fotos:LisieSpecht (1),AK (1),photografee.eu - fotolia.de
AK-Beratung in Zahlen
Zusammengefasst
Migrantische Unternehmen
sind meist Kleinbetriebe, die
mit ­typischen Problemen die-
ser Gruppe kämpfen. Brösel
gibt es besonders im Gast-
gewerbe und am Bau – dort
gelten auch Hilfstätigkeiten
offiziell als Gewerbe. Migran-
tische Beschäftigte wissen oft
nicht, welche Gesetze gelten
und begnügen sich mit weni-
ger. Bei der Abwicklung von
Rechtsgeschäften herrscht
eine höhere Fehlerquote.
E
twa ein Drittel der Beschäftigten stammt
aus dem gleichen Herkunftsland wie
die UnternehmerInnen, ein weiteres Drittel
hat keinen Migrationshintergrund und das
restliche Drittel kommt aus anderen Staa-
ten. Ein Großteil der Firmen sind Klein- und
Kleinstbetriebe. Gerade für Menschen mit
Migrationshintergrund, die es am Arbeits-
markt schwer haben, bieten sie Chancen.
„Auch in diesen Betrieben gibt es Probleme.
Gute und schlechte Unternehmen gibt es
überall. Es sind vor allem Probleme, die es
in vielen Kleinbetrieben gibt, egal, ob sie von
MigrantInnen betrieben werden“, erklärt AK
Präsident Rudi Kaske.
Raue Sitten
Gibt es Probleme am Arbeitsplatz wird die
Arbeitsrechtsberatung der AK Wien in An-
spruch genommen. Am häufigsten wird sie
von ArbeitnehmerInnen aus dem Handel,
Hotel- und Gastgewerbe, Baugewerbe und
aus dem Reinigungsgewerbe aufgesucht.
Vor Gericht betreffen die meisten Verfahren
das Hotel- und Gastgewerbe und das Bau-
gewerbe. Spezielle Nöte herrschen im Gast-
gewerbe: „Beschäftigte arbeiten Vollzeit, oft
leisten sie auch viele Überstunden. Sie wer-
den aber nur Teilzeit angemeldet oder gar nur
geringfügig“, weiß Kaske. Die Lohnverrech-
nung auf dem Papier hat mit der Praxis nur
wenig zu tun. Im Baugewerbe sind die Sitten
noch rauer. ArbeitnehmerInnen sehen nach
monatelanger Arbeit kein Geld oder erhalten
nur einen Bruchteil des vereinbarten Lohns.
Wenn sie dagegen vorgehen, sind die Chefs
Broschüre:
Damit Sie zu
Ihrem Recht kommen!
Arbeitnehmerrechte
Ihr Recht im Beruf
Juli 2014
Der Arbeitsvertrag regelt die
Rechte und Pflichten von
ArbeitnehmerInnen und Arbeit-
geberInnen.
Download:
/
service/broschueren/index.html
Thema
Migrantische
Ökonomie
hat die AK Wien 2013 über den Insolvenzaus-
gleichsfonds für ArbeitnehmerInnen erkämpft,
Allein die Alpine Pleite stand mit 73 Mio Euro zu
Buche. Plus: 16,5 Mio Euro wurden vor Gericht
für ArbeitnehmerInnen erstritten.
121 Mio Euro
1...,2,3,4,5,6,7,8,9,10,11 13,14,15,16