WUM 2/2020
*Christoph Streissler ist Chemiker und Mitarbeiter der Abteilung Umwelt und Verkehr der AK Wien. *Heinz Högelsberger ist Erdwissenschafter und Mitar- beiter der Abteilung Umwelt und Verkehr der AK Wien D er Rückgang des Verkehrsaufkom- mens, die Verringerung der Luft- verschmutzung und der Treibhaus gasemissionen, wie sie im März und April zu erleben waren, sind beispiel- los. Viel mehr Menschen als sonst fuh- ren mit dem Fahrrad. Ein Flugzeug am Himmel war eine seltene Erscheinung. Hier zeigt sich, was fortschrittliche Umweltpolitik erreichen könnte. Könn- te, wohlgemerkt, denn diese Phäno- mene sind nicht Ergebnis von Design, sondern von Desaster. Sie sind die Folge einer Epidemie und vor allem der weitreichenden Einschränkung des ge- sellschaftlichen Lebens als Schutz vor COVID-19. Sie sind nicht Ergebnis einer Klimapolitik, die in den nächsten zwei oder drei Jahrzehnten von Kohle, Erdöl und Erdgas loskommen will, oder ähn- lich weitreichender umweltpolitischer Ziele. Der Staat kann entschieden handeln Die Corona-Krise hat aber auch deutlich gezeigt, dass Gesetzgebung und Regierung schnell handeln kön- nen. Wenn die Situation es erfordert, können weitreichende Maßnahmen umgesetzt werden, Maßnahmen, die weitgehend die Zustimmung der Be- völkerung fanden. Denn die Dringlich- keit der Situation war vielen bewusst. Es werden hier die Möglichkeiten einer fortschrittlichen Umweltpolitik sichtbar, die weit über die kleinliche Diskussion irgendwelcher Förderun- gen für Wärmedämmung und Elektro- autos hinausgeht. Die positiven Effekte laden zum Nachdenken darüber ein, was es bräuchte, um diese Utopie zu realisieren. Die negativen Folgen der Pandemie sind das Szenario, zu dem dabei ein Gegenentwurf entwickelt werden muss. Rückgang des Konsums … Als gesundheitlicher Notstand ist die COVID-19-Pandemie in Österreich bis- her recht glimpflich verlaufen. Die wirt- schaftlichen Auswirkungen sind aber weitreichend: Es kam zu einem drama- tischen Einbruch der Konsumnach- FOTOS: SPECHT (1), MONDFEUER/PIXABAY (1) Die Fesseln der Wertschöpfungsketten www.ak-umwelt.at SEITE 14 WIRTSCHAFT & UMWELT 2/2020 KURZGEFASST Die Corona-Krise hat positive Auswirkungen auf die Umwelt, aber negative auf Beschäf- tigung und Verteilung. Was können wir für eine fortschritt- liche Umweltpolitik lernen, die die positiven Aspekte eines verringerten Konsums verstärkt, aber die Arbeitslo- sigkeit vermeidet? Die Antwort in diesem Beitrag lässt die Umwelt im engeren Sinn hinter sich und verlangt Lösungen auf globaler Ebene. In den letzten siebzig Jahren gab es in Österreich nichts, was solche Einschnitte und Veränderungen gebracht hat wie die Corona-Krise. Ein Hochschnellen der Zahl der Arbeitslosen um 200.000. Und eine Klarheit der Luft über Wien, die fast unwirklich scheint. VON CHRISTOPH STREISSLER, HEINZ HÖGELSBERGER* Schwerpunkt Neustart mit Chancen ª
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