WUM 2/2020
www.arbeiterkammer.at WIRTSCHAFT & UMWELT 2/2020 SEITE 15 550.000 beim Arbeitsmarktservice vor- gemerkte Arbeitsuchende, 1,3 Millionen Arbeitnehmer*innen in Kurzarbeit: Mit diesen beiden Zahlen sind die verheerenden Folgen der COVID19-Pandemie auf dem heimischen Arbeitsmarkt schon beschrieben. „Aus der Krise hinausinvestieren“ scheint Konsens auf EU-Ebene bei der Bewältigung dieser Folgen zu sein und muss die Strategie Österreichs prägen. Damit könnte endlich wirklich begonnen und beschleunigt werden, was schon vorher auf der politischen Agenda stand: Eine tiefgreifende Umgestaltung des wirtschaftlichen Lebens, ohne die die zu- nehmende soziale Ungleichheit, die digitale Revolution und insbesondere die Abwehr und Milderung der Klimakatastrophe nicht bewäl- tigt werden können. Arbeitsmarktpolitik kann und muss eine solche Strategie unterstützen wie die drei folgenden Ansätze zeigen. (1) So ist in der COVID19-Krise klar ge- worden, wie wichtig öffentlich bereitgestellte soziale Dienstleistungen sind. Trotz der im Vergleich leistungsfähigen sozialstaatlichen Institutionen sind aber auch in Österreich erhebliche Defizite sichtbar geworden – etwa bei der Betreuung von Kindern und älteren Menschen. Ein arbeitsmarktpolitisch unter- stützter Auf- und Ausbau von Beschäftigung im öffentlichen sozialen und ökologischen Interesse kann helfen, solche Defizite aus- zugleichen und gleichzeitig Arbeitslosigkeit reduzieren. (2) Arbeitsstiftungen sind ein erprobtes Instrument zur Unterstützung struktureller wirtschaftlicher Veränderungen – sie ermög- lichen arbeitslosen Arbeitnehmer*innen eine berufliche Neuorientierung. Sie sollten jeden- falls ausgebaut und auf die Bewältigung des ökologischen Wandels ausgerichtet werden. (3) Ein existenziell gut abgesichertes indi- viduelles Recht auf berufliche Weiterbildung samt entsprechender Beratung und Beglei- tung wäre eine sinnvolle Ergänzung. Denn Entscheidungen zum beruflichen Neustart von Beschäftigten sollten in Zeiten beschleu- nigten Wandels ermöglicht und unterstützt werden. Ein rasches Ende des Einbruchs auf dem Arbeitsmarkt ist nicht sehr wahrscheinlich. Umso besser ist es daher, dass die notwen- dige bessere existenzielle Absicherung der arbeitslos Gewordenen möglich zu werden scheint. Aber das alleine wäre nicht genug. Arbeitsmarktpolitik kann und soll auch den Einstieg in eine generelle Verkürzung der Ar- beitszeit ermöglichen. Um den Arbeitsmarkt zu entlasten, vor allem aber um den Men- schen in Österreich mehr Zeit und Freiheit für die Erfüllung ihrer sozialen, ökologischen und kulturellen Bedürfnisse zu geben. ¨ Die Abhängigkeit von globalen Wirtschaftsinteressen beschränkt die Möglichkeiten der nachhaltigen Krisenbewältigung. ARBEITSMARKT NACH CORONA NEUE OFFENSIVE FÜR ARBEITSPLÄTZE * Gernot Mitter ist Jurist und Leiter der Abteilung Arbeitsmarkt und Integration der AK Wien. Arbeitsmarktpolitik kann und soll auch den Eintstieg in eine generelle Verkürzung der Arbeitszeit ermöglichen.
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