WUM 2/2020

Wenn wir unseren Konsum zurückfah- ren, bedeutet dies in der derzeitigen Wachstumslogik, dass Menschen ar- beitslos werden. Die Schlussfolgerung ist einfach: Arbeit ist ein knappes Gut. Es gilt, sie fair zu verteilen. Arbeit: ein knappes Gut Das betrifft natürlich nicht nur für die unselbstständig Beschäftigten. Soll die faire Verteilung von Arbeit funktionieren, dann muss McJobs und Scheinselbst- ständigkeit ein Riegel vorgeschoben werden. Auch Selbstständige dürfen nicht mehr als den fairen Anteil vom Kuchen der verfügbaren Arbeit haben. Und es ist klar, dass das kein Pro- gramm sein kann, das auf Österreich oder auf die EU beschränkt ist. Es muss verhindert werden, dass Unternehmen die Ausbeutung von Arbeit weiter in die Dritte Welt – in den Globalen Süden, wie es heute heißt – verlagern. Mit demAbschied von fossilenBrenn- stoffen in der EU ist es genauso: Eine Verringerung der Emissionen in der EU ist nur dann ein Schritt zum Schutz des Klimas, wenn diese Emissionen nicht in andere Staaten verlagert werden. Der- zeit ist aber eine fortschreitende Aus- lagerung von Produktionsprozessen in Drittstaaten zu beobachten. Diese glo- bale Arbeitsteilung hat sich nun als sehr fragil und störanfällig erwiesen. Zu jeder Tonne an Treibhausgasen, die in Öster- reich emittiert wird, kommt durch Im- porte von Gütern noch eine halbe Tonne außerhalb der EU. Auch wenn also in der EU die Emissionen sinken, weltweit stei- gen sie weiterhin an. Auch in einer globalisierten Welt las- sen sich die Arbeitsbedingungen für alle Menschen verbessern, die Ressourcen maßvoll nutzen und die Überlastung des Klimas verhindern. Dazu braucht es eine faire Verteilung der verfügbaren Ressourcen und eine faire Verteilung von Arbeit. Weltweit. In Abwandlung eines berühmten Textes von Marx und Engels könnte es heißen: Die Arbeitnehmer*innen ha- ben nichts zu verlieren als die globalen Wertschöpfungsketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen. ¨ www.arbeiterkammer.at Wirtschaft & Umwelt 2/2020 Seite 17 Eines macht die Corona- Pandemie deutlich: Wenn dringendes Handeln notwendig ist, überlässt niemand die Lösung des Problems demMarkt. Das lässt sich auch auf die Klima- und Verteilungskrise anwenden, wo eine radikale und konsequente Politik im Interesse der Menschheit erforderlich ist. AUSBEUTUNG VON ARBEIT UND UMWELT IMPERIALE LEBENSWEISE Wie kommt es dazu, dass nicht nur Men- schen in Industriestaaten, sondern auch die neue Mittelschicht in Schwellenlän- dern einen Lebensstil pflegt, der auf Aus- beutung von Arbeit und von Ressourcen beruht? Die Politikwissenschafter Ulrich Brand und Markus Wissen haben anhand dieser Frage das Konzept der „Imperialen Lebensweise“ entwickelt. Das ausgehende 19. Jahrhundert gilt als Epoche des Imperialismus, der erober- te Gebiete mit Militärgewalt unterwarf. Heute tritt der Imperialismus vermehrt in der Form des ungezügelten Handels auf. Das Konzept der imperialen Lebensweise deckt die in den zugehörigen Konsum- mustern verborgene Gewalt auf, die sich etwa in den Arbeitsbedingungen der Textilarbeiterinnen in Bangladesch äußert oder in den Umweltkatastrophen beim Erzabbau in Brasilien. Diese Konsummuster sind nicht mehr auf die alten Industriestaaten beschränkt, sondern werden von der neu entstan- denen Mittelschicht in vielen Schwellen- ländern übernommen. Das gelingt, weil dabei die zerstörerischen Folgen des Massenkonsums ausgeblendet werden. Das Konzept analysiert auch die Wider- sprüche, in die internationale Umweltpo- litik sich verstrickt, wenn sie die kata- strophalen Folgen dieser Lebensweise beheben will, ohne aber diese selbst in Frage zu stellen. Importierte Emissionen Zu jeder Tonne an Treibhausgasen, die in Österreich emittiert wird, kommt durch Importe von Gütern noch eine halbe Tonne außerhalb der EU. Umweltauswirkungen Das Umweltbundesamt hat die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Umwelt analysiert: www.umweltbundesamt.at/news200416.

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