WUM 2/2020

www.arbeiterkammer.at Wirtschaft & Umwelt 2/2020 Seite 19 werden mussten, kann objektiv betrach- tet kaum nachvollzogen werden und ist eher dem bereits beginnenden Wiener Wahlkampf zuzuschreiben, ebenso wie die überschießende Aufregung einiger Regierungsmitglieder über die Infekti- onscluster in Postverteilzentren. Wohin Liberalisierung… Die „gelbe Post“, die zu den öffentli- chen Dienstleistungen der Daseinsvor- sorge zählt, ist seit vielen Jahren EU-weit der Liberalisierung und Privatisierung ausgesetzt. Nach der Trennung vom Te- lekombereich (heute im mehrheitlichen Besitz des mexikanischen Privatunter- nehmens America Movil) und vom Post- bus (heute Teil der ÖBB Holding) wurde die Österreichische Post AG 2006 an die Börse gebracht und privatisiert. Heu- te sind nur mehr 52,9 Prozent der Post im Eigentum der Republik und über- all wird der Sparstift angesetzt. Dass es gerade in den Postverteilzentren zu vielen COVID-19 Fällen kam, ist keine Überraschung. Im ZentrumHagenbrunn (NÖ), das erst 2019 eröffnet wurde, sind auch sonst aus Kostengründen die Hälf- te der Mitarbeiter*innen nicht bei der Post selbst, sondern bei Leiharbeits- firmen angestellt. Sie sind billiger und haben wenig Kündigungsschutz. Viele dieser Arbeitnehmer*innen gehen aus Angst um ihren Arbeitsplatz und wegen mangelnder sozialer Absicherung auch krank in die Arbeit. In Zeiten einer Pan- demie nicht nur für die Betroffenen eine gefährliche Sache. …und ein neoliberales Spardiktat führen Die Coronakrise führt uns vor Augen, wozu jahrelange Sparmaßnahmen und Privatisierung öffentlicher Dienstleis- tungen in vielen Ländern Europas füh- ren. Insbesondere nach der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 wurde in vielen Bereichen der Daseinsvorsorge – auch im Gesundheitssystem – optimiert und eingespart. Die irische Ökonomin Emma Clancy fand in den letzten acht Jah- ren 63 Fälle, in denen die Europäische Union Mitgliedsstaaten offiziell zu Kür- zungen im Gesundheitssystem aufrief. Ähnliche Sparaufrufe gab es auch für andere Bereiche, wie zum Beispiel zur Privatisierung von Wasser oder zu Ein- schränkungen bei der Arbeitslosenver- sicherung. Daher wurden Ausgaben für das Spitalswesen z.B. in Italien, Spanien und Griechenland nach der Finanzkrise drastisch gesenkt, um die Anforderun- gen der europäischen Sparprogramme erfüllen zu können. Diese Länder litten besonders unter der aktuellen Gesund- heitskrise. Länder, wie Österreich, die seit Jah- ren in den öffentlichen Sektor inves- tieren, können diese Krise um einiges besser bestehen. Jüngst hat selbst die Präsidentin des österreichischen Rechnungshofes angeregt, die Emp- fehlungen der letzten Jahre, die eine Sparpolitik beim Gesundheitswesen vorsahen, zu überdenken. Dem Lob an das tolle System folgte aber bald wieder der Ruf nach Einsparungen. Neoliberale Gesundheitsökonomen forderten nach dem Höhepunkt der Krise umgehend, die Anzahl der Intensivbetten zu reduzie- ren. Die Gefahr ist groß, dass wie bereits vor 12 Jahren in der Bankenkrise die In vielen Bereichen hielten Frauen die Versorgung am Laufen. ª Die Heldinnen und Helden der Arbeit brauchen kein Denkmal. Sie brauchen gute Arbeitsbedingungen, faire Einkommen und Zugang zu sozialstaatlichen Leistungen. RENATE ANDERL Empfehlungen des KDZ für einen Gemeindeinvestitionsfonds:: https://www.kdz.eu/de/content/steuerungspotenziale-eines- investitionsfonds-für-gemeinden

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