WUM 2/2020
Aber nicht nur in Wien, son- dern auch in anderen Städten zeichnen sich ähnliche Entwick- lungen ab. Menschen steigen für ihre täglichen Wege in Beruf und Freizeit häufiger aufs Rad um. Damit stoßen aber die ver- fügbaren Radverkehrsflächen schnell an ihre Grenzen – Rad- wege und Wartebereiche vor Kreuzungen sind knapp, das Abstand halten wird schwierig. Pop-Up-Radwege Viele Städte reagieren darauf und setzen Maßnahmen für den Radverkehr. Bogota und Berlin machen es als erste vor und installieren sogenannte Pop-Up-Radwege. Dafür wird auf einem Straßenabschnitt ein Fahrstreifen für Autos ge- sperrt und für den Radverkehr geöffnet. Um diesen Abschnitt sicher vom Autoverkehr zu trennen, werden Verkehrsbaken oder Betonleitpflöcke verwen- det. Die kolumbianische Haupt- stadt hat in kurzer Zeit über 100 Kilometer solcher tem- porären Radverkehrsanlagen entlang großen Hauptverkehrs- straßen errichtet. In Berlin wur- den bis Ende April knapp zehn Kilometer Autospuren in breite Fahrradwege umgewandelt und es sollen noch mehr werden. Budapest, Paris, London – viele Städte erkennen in der Krise den Wert des Fahrrads, vor allem wenn es darum geht zusätzliche Autos in der Stadt zu vermeiden und den öffentlichen Verkehr zu entlasten. Jetzt ist es entscheidend, wie es nach der Krise weitergeht. In der Zeit zwischen März und April ist der Autoverkehr stark zurückgegangen. Es ist ruhig geworden auf den wenig ausge- lasteten Straßen Wiens. Durch diesen krisenbedingten Auto- Rückgang und gleichzeitigen Anstieg der Fußgänger*innen und Radfahrer*innen wird die anfangs angesprochene unglei- che Verteilung des Stadtraums spürbar. Die fast leeren Straßen lassen noch deutlicher erken- nen, wie viel Platz den Autos und wie wenig den Fußgänger*innen und Radfahrer*innen zur Verfü- gung steht. Die für dieses Problem neu geschaffenen temporären Begegnungszonen und Rad- verkehrsanlagen kündigen eine Stadt an, in der Straßen nicht nur mit dem Autoverkehr verbunden werden, sondern in der die Straßen auch als le- benswerte Orte der Begegnung und Interaktion wahrgenommen werden können. Schlagzeilen wie „Prägt die Pandemie unser zukünftiges Verkehrsverhal- ten?“, „Hauptstädte über- arbeiten Verkehrskonzepte“ oder„Gebt die Straßen frei!“ zeigen die Gegenwärtigkeit und Wichtigkeit einer Neuord- nung der Mobilität in der Stadt. Jetzt ist es entscheidend, das erhöhte Bewusstsein als Gelegenheit für eine dauer- hafte Veränderung zu nutzen und den Stadtraum für alle Verkehrsteilnehmer*innen fair zu gestalten. Es ist zu hoffen, dass der Vorschlag für eine autofreie Innenstadt in Wien nicht bloß ein Wahlkampfslogan bleibt. ¨ VIELE URBANE IMPULSE GUTE NEUIGKEITEN FÜRS FAHRRAD www.arbeiterkammer.at Wirtschaft & Umwelt 2/2020 Seite 27 Aktive Mobilität sollte auch nach der Pandemie das Bild unserer Städte stärker prägen. Im aktuellen österreichischen Regie- rungsprogramm ist festgelegt, bis zum Jahr 2025 den Radverkehrsanteil von sie- ben auf dreizehn Prozent zu erhöhen. Um dieses Ziel zu erreichen, plant der Bund 2020 das Zehnfache des Budgets ein – davon wurde einerseits die Obergrenze eines bestehenden Förderprogramms neu festgelegt und andererseits ein neues Budget beschlossen. Der bestehende Topf des klimaaktiv-mobil-Förderpro- gramms unterstützt die Umsetzung von Radverkehrsmaßnahmen in den Ländern und Gemeinden und wurde auf 21,4 Mil- lionen Euro aufgestockt (das ist fünf Mal so viel als vorher). Ebenfalls neu im Förderprogramm ist, dass Förderungen erstmals auch für Städte mit mehr als 30.000 Einwohner*innen möglich sind. Außerdem wurde ein zusätzliches Budget in der Höhe von 25 Millionen Euro zur Förde- rung aktiver Mobilitätsformen festgesetzt.
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