WUM 2/2020

www.ak-umwelt.at Seite 30 Wirtschaft & Umwelt 2/2020 wieder PET-Getränkeflaschen herge- stellt werden können. Das ginge mit dem Gelben Sack nicht. Besonders seltsam ist, dass das PET2PET-Projekt, eines der Leuchtturmprojekte der von WKO und ARA unterstützten „Nachhaltigkeitsagenda der Getränkewirtschaft“ sich schon vor Jahren ein Einwegpfand zunutze gemacht hat, um die nötige Materialqualität für den Wiedereinsatz von PET-Recyclat in PET- Getränkeflaschen sicherstellen zu können. Die sogenannte „PET-1l-Zweiwegflasche“ von Vöslauer wird dazu im Lebensmittel- handel bepfandet verkauft und wieder zu- rückgenommen, damit sie nicht im „Gelben Sack“ landet. Das ist ein Einwegpfand, wird nur nicht so genannt. Gegen das Gleiche opponiert nun der Handel. Warum soll der innovative Pilot nicht endlich breiter ausge- rollt werden? Das Argument der besseren Qualität gilt übrigens auch für Aluminiumdosen, die derzeit nur in unzureichender Menge und Qualität erfasst werden. „Unter den Tisch gekehrt“ wird von den Pfandgegnern auch, wie gut das Einweg- pfand die Littering-Problematik löst. Die meisten Einwegpfandsystem in Europa erreichen Rücklaufquoten über 95 Prozent. Auch der verbleibende Rest wird sicher nicht in der Natur gelittert. Denn es findet sich immer wer, der weggeworfene Pfand- gebinde aufhebt und zurückbringt. Ohne Pfand lässt sich das nicht sagen, selbst wenn die Getrennterfassungsquote auf 80 Prozent gesteigert würde. Die restlichen 20 Prozent bleiben anfällig für Littering. So ergeben sich alleine für gelitterte Ge- tränkeverpackungen bis zu 40 Mio. EUR Reinigungskosten in Österreich per anno. Das fehlt auch in der Kostenkalkulation der Pfandgegner. Gerne verweisen Pfandgegner darauf, dass ein Einwegpfand Mehrwegsysteme verschlechtern würde. In der Tat haben Mehrwegbefürworter das früher befürchtet. Aber faktenbasierte Evidenz gibt es dafür bis heute keine. Eher lässt sich aus der aktuellen bundesdeutschen Debatte ableiten, dass das Einwegpfand „gleiche Verkaufsbedin- gungen“ sichert: Sowohl Einweg als auch Mehrweg wollen ins Geschäft zurückge- bracht werden. Der Conveniencevorteil von Einweg ist weg. Und zuletzt verringert das Einwegpfand deutlich den Druck auf die ohnedies nötige Intensivierung der kommunalen Getrennt- sammlungen, um die künftigen Ziele für Siedlungsabfälle wie für Kunststoffverpa- ckungen zu erreichen. Das Vorhaben der Ein- wegpfandgegner ist dabei doppelt riskant. Denn ob sich schon diese Intensivierung überhaupt umsetzen lässt, ist keineswegs sicher. Denn die Sammlungen im ländlichen Raum erfassen heute schon über 90 Prozent der Kunststoffverpackungen, während die räumlichen Hemmnisse in den urbanen Räu- men keineswegs schnelle Erfolge erwarten lassen. Vor allem könnte sich das Vorhaben, die für das „90-Prozent-Ziel“ fehlenden Mengen über eine Aussortierung aus dem Restmüll zu erreichen, als EU-rechtlich unzulässig herausstellen. Nur mehr als „Traumschloss“ kann man das Kalkül der Wirtschaft sehen, dass ins Abfallwirtschaftsgesetz eine Ver- pflichtung der Kommunen aufgenommen wird, die dafür nötigen Anlagen zu errichten und zu finanzieren. Selbst wenn es den Ein- wegpfandgegnern weiter gelingt, zu verzö- gern, ist unerfindlich, wie sowas jemals im Nationalrat beschlossen werden sollte. Kampf um Recyclat Aber möglichweise ist man sich in den ARA-Gremien schon im Klaren, dass es eine Fehlspekulation war, dass eine Aussortie- rung aus dem Wiener Restmüll genügt. Und die aktuelle Inszenierung ist nur Vorspiel für den nächsten Akt, wo es um die Kontrolle des Einwegpfandsystems geht. Denn Han- delsketten befürworten eine dezentrale Um- setzung wie in Deutschland, wo die Ketten dann Eigentümer der zurückgenommenen Pfandgebinde werden. Im schlimmsten Fall bedeutet das, dass den Abfüllern, die ja ei- gentlich das Recyclat daraus wiedereinset- zen sollen, diese Mengen entzogen werden. Jedenfalls wird es teurer, wenn marktmäch- tige Akteure Verfügungsmacht bekommen. Die resultierenden Oligopolrenten verteu- ern das Recycling. Und schlussendlich müssten das die KonsumentInnen über die Getränkepreise bezahlen. Drum ist es wichtig, dass ein Einwegpfand in Österreich im Wege eines zentralen, unabhängigen Modells umgesetzt wird, in dem der Handel höchstens eine Abgeltung für seinen Auf- wand bekommt. ¨ Politik Unser Standpunkt VIELLEICHT IST DIE AKTUELLE INSZENIERUNG NUR VORSPIEL FÜR DEN NÄCHSTEN AKT: DENN HANDELSKETTEN WOLLEN EIGENTÜMER DER ZURÜCKGENOMMENEN PFANDGEBINDE WERDEN UND SELBER VERMARKTEN. Einwegpfand und verpflichtende Mehrwegquoten müssen kommen ¢ Keine weiteren Verzögerungen, die Ergebnisse der Studie sind eindeutig ¢ Investitionssicherheit für Mehrwegabfüller und Sortieranlagenbetreiber ¢ Ein unabhängiges Einwegpfand-Modell ¢ Handel zur Steigerung des Mehrweganteils verpflichten ª

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