Wirtschaft & Umwelt 1/2019

von Monsanto, die andere von Chemi- nova –welche zuvor imEU-Zulassungs- verfahren als Beweise für die Harmlo- sigkeit des Pflanzengifts hergehalten hatten, landeten auf dem Schreibtisch der WHO-Expertinnen und Experten. Und diese erkannten, dass in beiden Studien jene Labormäuse, denen Gly- phosat verabreicht wurde, signifikant häufiger an Krebs erkrankten als Mäu- se, die kein Pestizid erhielten. In der Folge legten diese zwei Krebsstudien der Hersteller den Grundstein für die Krebseinstufung von Glyphosat durch die WHO, was einer gewissen Ironie nicht entbehrt. Lessons learned? Die hier beschriebenen Fehlleistun- gen im Zulassungsverfahren von Gly- phosat – und noch einige mehr, für die der Platz hier fehlte – waren mehrfach Gegenstand von Publikationen und Medienberichten. Vernichtende Kritik hagelte es vor allem aus der Wissen- schaft. Die österreichische Umweltor- ganisationen GLOBAL 2000 und sie- ben weitere Organisationen erstatteten Strafanzeigen gegen Behörden und Monsanto wegen des Verdachts des wissenschaftlichen Betrugs. Verfah- ren gab es bislang keines. Bis heute behaupten die Behörden, alles richtig gemacht zu haben. Die Vorwürfe von Kritikern werden als Versuch abgetan, ihre Glaubwürdigkeit zu beschädigen. Einen Lerneffekt gab es hingegen bei der Europäischen Kommission. Die Kritik an der Verwendung gehei- mer Herstellerstudien für die Zulassung von Pestiziden beantwortete sie mit einem Gesetzesvorschlag, der dieser Geheimhaltung ein Ende setzen sollte (siehe Kasten Seite 17). Das gibt Anlass zur Hoffnung, dass europäische Zulas- sungsbehörden zukünftig die Studien der Hersteller gewissenhafter prüfen als dies bei Glyphosat der Fall war. Denn von jetzt an wird eine kritische Prüfung durch unabhängige Wissenschaftler immer und jederzeit möglich sein! ¨ www.arbeiterkammer.at Wirtschaft & Umwelt 1/2019 Seite 17 Ironie: Die WHO hat basierend auf zwei Studien von Monsanto und Cheminova die Kanzerogenität von Glyphosat festgestellt. Im EU-Zulassungs­ verfahren waren diese Studien jedoch als Beweis für die Harmlosigkeit herangezogen worden. EUROPÄISCHE BÜRGER- INITIATIVE ERREICHT TRANSPARENZ Im Februar 2017 hatte eine Gruppe euro- päischer NGOs – darunter auch GLOBAL 2000 – die Europäische Bürgerinitiati- ve „Stop Glyphosat“ gegründet. Eine zentrale Forderung war die verpflichtende Offenlegung aller Herstellerstudien im EU-Zulassungsverfahren von Pestiziden. Nachdem die gesetzlich erforderliche Zahl von einer Million UnterstützerInnen bald erreicht war, fand am 20. November 2017 im Europaparlament eine Öffentliche Anhörung der Initiative statt. Als Antwort auf die Forderung nach Transparenz präsentierte Gesundheitskommissar Vy- tenis Andriukaitis am 24. April 2018 einen Gesetzesvorschlag, der die EFSA dazu verpflichten würde, alle Studien und Da- ten, die zukünftig von den Unternehmen für die Risikoprüfung eingereicht werden, unverzüglich zu veröffentlichen. Am 12. Februar einigten sich Parlament, Rat und Kommission diesen Vorschlag in die Tat umzusetzen und alle Zulassugsverfah- ren für Pestizde und andere lebensmittel- relevanten Chemikalien nur noch auf Basis öffentlich einsehbarer Studien durchzu- führen. Die finale Bestätigung durch das Europaparlament soll in wenigen Wochen erfolgen und wird mit der Abschaffung der Geheimstudien eine neue Ära in der Zulassung von Chemikalien, die in unsere Lebensmittel gelangen können, einläuten. LATEST NEWS EFSA muss Studien zu Glyphosat veröffentlichen Im März 2019 hat der EuGH ent- schieden, dass die EFSA ihre Studien über mögliche Krebsrisiken jetzt doch veröffentlichen muss. Das Interesse der Öffentlichkeit am Zugang zu Informatio- nen wiegt mehr als Geheimhaltungsinter- essen der Unternehmen. https://curia.europa.eu/jcms/upload/ docs/application/pdf/2019-03/cp- 190025de.pdf

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