Wirtschaft & Umwelt 1/2019
www.ak-umwelt.at Seite 30 Wirtschaft & Umwelt 1/2019 scheut, wenn es um langfristige Strategien geht. Die Umsetzung durch Richtlinien und Verordnungen, die im Rahmen der EU-Ge- setzgebung vom EU-Parlament, dem Rat und im abschließenden Trilog der drei EU- Institutionen behandelt werden müssen, gestaltetet sich aber schwierig. Das „Weißbuch Verkehr“ umfasste 40 Maßnahmen. Dazu zählte etwa die Einfüh- rung einer Infrastrukturabgabe für Lkw bis 2016. Die Novelle zur Wegekostenrichtlinie (2017), schlug diese Verpflichtung jedoch nicht vor. Die vollständige und obligato- rische Internalisierung externer Kosten für den Straßen- und Schienenverkehr bis 2020 wird auch nicht mehr umgesetzt werden können. Und auch die Halbierung der mit Benzin und Diesel betriebenen Pkw im Stadtverkehr bis 2030 dürfte unerreicht bleiben. Eine Änderung der Verkehrspolitik um bis 2050 keine Netto-Treibhausgasemis- sionen mehr auszustoßen wird notwendig sein. Für 2021 ist nun ein neues Weißbuch Verkehr zu erwarten, und dann wird das Ambitionsniveau der neuen Kommission sichtbar werden. Mobilitätspaket I – die Unvollendete Nach der Konstituierung werden die EU- Institutionen an jenen Legislativdossiers weiterarbeiten, die Brüssel in den letzten zwei Jahren am intensivsten beschäftigt haben. Dies sind die Sozialvorschriften des ErstenMobilitätspakets, diedieKommission am 31. Mai 2017 präsentierte. Die anschlie- ßenden Verhandlungen zur Anwendung der Entsenderichtlinie im Straßenverkehr, zur Verordnung zu Lenk- und Ruhezeiten für BerufskraftfahrerInnen, sowie die Rege- lungen zur Kabotage spalteten seitdem das EU-Parlament in zwei Lager. Bei der Abstimmung im Juli 2018 erhielt keiner der drei Berichte eine Mehrheit. Bei der neuerlichen Abstimmung im Verkehrs- ausschuss im Januar 2019 wurden alle Berichtsentwürfe wiederum abgelehnt und lediglich das Dossier zur Kabotage abge- schlossen. Im April soll ein letzter Abstim- mungsversuch im Parlament folgen. Auf Ratsseite konnte der österreichische Vorsitz Anfang Dezember 2018 die qualifizierte Mehrheit für ihren Kompromisstext zu den drei Dossiers finden. Die Trilogverhandlungen mit dem neuen Parlament werden wohl erst nach dem Sommer 2019 beginnen. Zu befürchten ist, dass mit den neuen Mehrheitsverhältnissen und nach Wegfall der britischen Abgeordne- ten jene Positionen schwerer eine Mehrheit finden können, die gegen eine zunehmende Öffnung der Märkte und ein weiteres Auf- weichen der Schutzbestimmungen für BerufskraftfahrerInnen auftreten. Eine Ver- besserung der Arbeitsbedingungen könnte in noch weitere Ferne rücken. Daseinsvorsorge in öffentlicher Hand Nicht nur bei der Verkehrspolitik ist die EU seit Jahren von einer neoliberalen Ideo- logie geprägt, bei der Privatisierungen und freie Märkte Probleme lösen sollen. Es gibt eine Reihe von Beispielen, die zeigen, dass Privatisierungen langfristig nicht besser sind und viele Menschen diese Entwicklung nicht unterstützen. So unterzeichneten 1,8 Mio. Europäer Innen die 2013 initiierte europäische BürgerInneninitative „right2water“, mit der sie ein Menschenrecht auf Wasser einfor- derten. Die Umsetzung im Rahmen der Trinkwasserrichtlinie ist zwar noch nicht abgeschlossen, aber ein erster Schritt, dem in der neuen Periode noch weitere folgen müssen, ist getan. Im kommunalen Bereich gibt es Beispiele der Rekommunalisierung, da private Ver- sorgerInnen die Erwartungen nicht erfüllen konnten. Die Studie von AK, younion und Städtebund zum Vergleich europäischer Systeme der Wasserver- und Entsorgung ergab, dass die Versorgung durch die öf- fentliche Hand günstigere und bessere Ver- sorgung anbietet. Aber auch am Beispiel der Marktöffnung beim öffentlichen Verkehr auf Schiene und Straße zeigt sich, dass hier ein Markt geschaffen wird, der nicht per se bessere Dienste für Fahrgäste schafft. Ein- sparungen werden leider in erster Linie durch schlechtere Entlohnung und Arbeitsbedin- gungen der betroffenen MitarbeiterInnen erzielt. Es liegt nach den Wahlen an den Europä- ischen Institutionen, auf ein Europa hinzuar- beiten, das allen BürgerInnen dient und nicht nur den Eindruck erweckt, die Interessen internationaler Konzerne zu verfolgen. Zuvor haben aber wir mit unserer Stimme am 26. Mai (in Österreich) das Wort! ¨ Politik Unser Standpunkt AN EHRGEIZIGEN ZIELEN DER EU-KOMMISSION MANGELT ES NICHT, DOCH BEI DEN KONKRETEN MASSNAHMEN BLEIBEN IN BRÜSSEL ZU OFT NUR KOMPROMISSE ÜBRIG Europa: sozial gerecht und nachhaltig ¢ Wohlstand und sozialer Fortschritt als Leitziele ¢ Förderung des öffentlichen Verkehrs und umweltfreundlicher Verkehrsträger ¢ Sicherstellung eines sozial gerechten Übergangs in der Klimapolitik ¢ Stärkung der Daseinsfürsorge in öffentlicher Hand
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