WUM 01/2020

aus den Evaluierungsberichten und Rechnungshofprüfungen, Empfehlun- gen von Wissenschaftern und Feststel- lungen der NGOs, die eine deutliche Kurskorrektur fordern. Denn die Her- ausforderungen für die Europäischen Agrarpolitik sind vielschichtig aber nicht neu. Viele dieser Probleme wur- den bereits vor zwanzig Jahren disku- tiert aber nicht gelöst. Manche sogar verschlimmert, wie die Berichte über den Rückgang der Artenvielfalt und das Bienensterben zeigen. Die Agrarpolitik hat Umwelt- und Gesundheitsprobleme durch Nitrat- und Pestizidrückstände im Grundwasser, Ammoniakemissio- nen, die zu Feinstaubbelastung führen, bisher nicht gelöst. Schieflage Verteilung Weitgehend ungelöst ist die un- gerechte Verteilung der Fördermittel zu Gunsten der flächenstarken Groß- betriebe. Für viele Menschen ist die Akzeptanz für Förderungen deshalb hoch, weil sie kleine Bauernhöfe vor Augen haben, die sie als unterstüt- zenswert sehen. Doch die EU-weite Verteilung der Fördermittel ist nicht wesentlich besser geworden, als das langjährig kritisierte Verhältnis 20:80. Das bedeutet 20 Prozent der großen Betriebe erhalten 80 Prozent des Ag- rarbudgets. Eine wirksame Obergrenze scheiterte bisher jedoch am Veto der den letzten Jahren kräftig zugenom- men. Das System könnte leicht höhere Standards vertragen. Als Besonderheit für den Agrarsek- tor gilt das extrem großzügige Förder- system der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Wenn schon keine Einigung für einheitliche, hohe Standards erzielt wird, könnte das gesamte Fördersys- tem wenigstens auf freiwillige, hohe Tier- und Umweltstandards umgestellt werden. Doch auch in der Agrarför- derpolitik wird mit angezogener Hand- bremse gefahren. Für den überwiegen- den Teil der EU-Agrarförderungen gibt es keinerlei Standards einzuhalten, die über das gesetzlicheMaß hinausgehen. Um bei den Tieren zu bleiben: Obwohl seit Jahrzehnten als nicht tiergerecht geltend, genehmigen die EU-Mitglied- staaten weiterhin hohe Agrarförderun- gen für Stallsysteme, wie Vollspalten- böden in der Rinder- und Schweinehal- tung und die Anbindehaltung für Kühe, die alles andere als tierfreundlich sind. Den Konsument*innen wird kommu- niziert, dass EU-Agrarprodukte gene- rell einen weitaus besseren Standard hätten, als sonst wo auf der Welt. Die Kennzeichnung der Herkunft steht bei Agrarminister*innen hoch im Kurs und wird schon aus eigenem Interesse ve- hement eingefordert. Eine Kennzeich- nung über die Art der Tierhaltung, wie sie für Konsument*innen als Orientie- rung beim Einkauf mindestens so wich- tig wäre, ist höchst unbeliebt im Kreise der Agrarpolitiker*innen. Ungelöste Probleme der Agrarpolitik Trotz heftiger Kritik geht die Weiter- entwicklung der GAP nur schleppend voran. In den letzten Jahren gab es massive Einwände dagegen, wie die Agrarfördergelder verwendet wurden. Allen voran waren es die Ergebnisse ➔ * Die GAP-Milliarden sinnvoll einsetzen durch: ¢ Förderung von sozialen Diensten und Mobilität im ländlichen Raum ¢ Bindung an Klimaziele und Klimaneutralität ¢ Höhere Tierschutzstandards als Fördervoraussetzung ¢ Strengere Gesetze und Förderauflagen für sauberes Wasser, Luft und Biodiversität Schwerpunkt Agrarpolitik quo vadis? www.ak-umwelt.at Seite 12 Wirtschaft & Umwelt 1/2020 QUELLE: BMNT, BMASGK, A&W BLOG EU-Mittel für die wichtigsten EU-Fonds für Österreich 2014–2020 4,54% 442 Mio. Euro 5,51% 536 Mio. Euro 40,09% 3,900 Mio. Euro 49,86% 4.850 Mio. Euro EFRE (Regionalfonds) ELER (Landwirtschaftsfonds für den ländlichen Raum) EGFL (Landwirtschaftsfonds) ESF (Sozialfonds) Unser Standpunkt Die Landwirtschaft in Österreich erhält die meisten EU-Mittel. Umso wich- tiger wäre es, mit diesen Steuergeldern für mehr Umweltschutz, Tierwohl und Beschäftigung zu sorgen.

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