WUM 01/2020

kennt sich nun vermehrt zu seiner Mitverantwortung, die besonders im Preiskampf, Marketing und dem Druck auf die Landwirt*innen besteht. In Ös- terreich werden über 20 Prozent der Agrarfläche biologisch bewirtschaftet – mehr für Milch, weniger für Getrei- de, Gemüse und Fleisch –, während die Österreicher*innen 10 Prozent Bio- produkte kaufen, der Rest geht in den Export. Regionale und saisonale Ware wird wieder Thema, was auch gut für das Klima ist. Und es gibt weitere Initi- ativen von Einzelhandel, Umwelt-NGOs und Landwirt*innen, um die Lücken, die die GAP lässt, zu schließen: „Heu- milch“, „Wiesenmilch“, „Blühendes Österreich“, „Natur freikaufen“ und das Pestizidreduktionsprogramm. Für die Politik bleibt aber viel zu tun. Der Brexit verkleinert das EU-Budget. Mächtige Agrarlobbys trommeln für Direktzahlungen, ohne dass damit öf- fentliche Interessen wie Wasserschutz, Naturschutz und Klimaschutz erfüllt werden, und bei Agrarumweltprogam- men wird wohl eingespart werden. Forschungen zeigen, dass für den Biodiversitätschutz ein Anteil von über 10 Prozent der Agrarfläche zum Nutzen der Natur bewirtschaftet werden muss! Letztlich liegt es in der Verantwortung von Politiker*innen, Landwirt*innen und Wähler*innen, obweiterer Biodiversitäts- verlust gestoppt wird. Wie die jährlich 60 Mrd. Euro Agrarförderungen aus- gegeben werden, wird derzeit intensiv diskutiert. Es ist höchste Zeit für eine ausschließlich umwelt- und biodiver- sitätsfreundliche Landwirtschaftförde- rung. Aber auch Lebensmittelhandel und Konsument*innen müssen ihren Beitrag leisten. Lebensmittel müssten dafür etwas teurer werden. Wenn all jene Konsument*innen, die es sich leisten können, zu Bioprodukten greifen, wäre schon viel erreicht! Auch ein bewussterer Umgangmit Fleisch undMilchprodukten (weniger, dafür besser) hilft den Tieren, der Umwelt und unserer Gesundheit. ¨ www.arbeiterkammer.at Wirtschaft & Umwelt 1/2020 Seite 17 In den letzten Jahrzehnten gingen jeder zweite Feld- oder Wiesenvogel und drei von vier Insekten verloren! Da aber viele Tier- und Pflanzengruppen noch nicht ausreichend erfasst sind, kann man das gesamte Ausmaß kaum abschätzen. RÜCKGANG VON INSEKTEN INTERNATIONALE STUDIEN UND PLÄNE ZUR BIODIVERSITÄT Die UNO-Biodiversitätskonvention (CBD) wurde seit 1992 von fast allen Ländern der Welt unterzeichnet. Auf ihrer zehnten Konferenz 2010 in Nagoya wurden für 2020 die „Aichi“-Ziele zur weltweiten Verringerung des Biodiversitätverlusts vereinbart. Manche planlichen Ziele wurden teilweise erreicht, die meisten Umsetzungsziele voraussichtlich bei weitem verfehlt. Auf Basis der Aichi-Ziele formulierten die EU und ihre Mitgliedstaaten, darunter auch Österreich, jeweils Biodiversitäts- strategien, die den Stopp des weiteren Biodiversitätsverlusts bis 2020 anstreben – diese Ziele werden voraussichtlich weit verfehlt. Im Jahre 2012 wurde die UN-Organi- sation IPBES („Weltbiodiversitätsrat“) gegründet. 2019 veröffentlichte sie den „Globalen Report über den Zustand der Biodiversität und Ökosystemdienst- leistungen“, in dem ein gegenwärtiges Massenaussterben von historischer Dimension dokumentiert wird, dessen menschengemachte Ursachen beschleu- nigt ablaufen und das nur mit einem grundsätzlichen Systemwandel gestoppt werden könne. In der „Krefelder Studie“ von 2017 wurde der Rückgang von Insekten in deutschen Schutzgebieten um 70 Prozent zwischen 1989 und 2016 dokumentiert, wobei als wahrscheinlichste Ursache die inten- sive Landwirtschaft mit mechanischen (Pflügen, Mähen usw.) und chemischen Methoden (Pestiziden) angesehen wurde. Tipp: Europäische Bürgerinitiative „Bienen und Bauern retten!“ Zahlreiche Umwelt-NGOs aus der ganzen EU ha- ben eine „Europäische Bürgerinitiative“ gestartet, die eine starke ökologische Umgestaltung der GAP mit Förderung vor allem der Kleinbetriebe fordert. Es braucht EU-weit eine Million Unter- schriften. Fordern auch Sie die EU-Kommission zu handeln auf! https://www.savebeesandfar- mers.eu/deu/

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