WUM 01/2020
www.arbeiterkammer.at Wirtschaft & Umwelt 1/2020 Seite 19 Erträgen führt auch zu Klimaproblemen. Im Magen der Kuh entsteht durch mik- robiologische Prozesse das klimatrei- bende Gas Methan CH 4 ), das um den Faktor 25 schädlicher als CO 2 ist. Ins- gesamt verursacht die Landwirtschaft in Österreich 94 Prozent aller Ammoniake- missionen und belastet die rot-weiß-rote Klimabilanz durch Methan (und Lachgas mit 10 Prozent aller CO 2 -Emissionen. Durch vorgelagerte Prozesse (z.B. Im- port von Mineraldünger und Futtermit- teln) müsste diese Bilanz in Wirklichkeit noch höher ausfallen. Die Wissenschaft hat die Landwirt- schaft und ihre Bedeutung für eine ungesunde Luft längst entdeckt. Das internationale Institut für angewandte Systemanalysen (IIASA) hat für die EU- Kommission eine Kosten-Nutzen-Ana- lyse angestellt. Demnach kostet die Hal- bierung der durch Luftverschmutzung bedingten Gesundheitskosten im Jahr 2030 in allen EU-Staaten zusätzlich jähr- lich 960 Millionen Euro. Davon müsste die Landwirtschaft 40 Prozent tragen, die aktuell zu wenig für eine gesünde- re Luft beiträgt. Dank dieser Ausgaben erhöht sich die Lebenserwartung, fallen geringere Gesundheitskosten, weniger Krankenstand und Ernteausfälle etc. an. Der Nutzen ist um 14 mal größer als die Kosten. Bemerkenswert das Ergeb- nis für Österreich: Die Zahl der vorzei- tigen Todesfälle durch Feinstaub PM 2,5 würde sich demnach von 5.267 im Jahr 2005 auf 2.647 im Jahr 2030 verringern. Ebenso würde sich die luftverschmut- zungsbedingte Lebenserwartung von 7,2 auf 3,6 Monate verbessern. EU-Vorschriften fordern von Öster- reich seit langem verminderte Emis- sionen bei Ammoniak und konkrete Maßnahmen in der Landwirtschaft. Im Kern bedeutet dies eine emissionsar- me Ausbringung von Wirtschaftsdün- ger, möglichst gasdichte Abdeckung von Gülle, proteinreduzierte Futter- mittel, Viehhaltungssysteme mit mehr Beweidung sowie eine der Bodenqua- lität angepasste Düngung. Bis heu- te aber kann und will Österreich die- se Auflagen nicht erfüllen. Grund ist eine Agrarlobby und ihr nahestehende Landwirtschaftsminister*innen, die Ös- terreich sehenden Auges in ein EU-Ver- tragsverletzungsverfahren treiben. Ihre fadenscheinige Ausrede ist das Tier- wohl: Die Umstellung von Anbindehal- tung auf Laufstallhaltung führe zu mehr Ammoniakemissionen. Übersehen wird dabei, dass rund 60 Prozent aller Emis- sionen außerhalb des Stalls anfallen. Die Schweiz mit einer kleinteiligen Landwirt- schaft wie Österreich hat die notwendi- gen Maßnahmen längst umgesetzt und die Ammoniakemmissionen erfolgreich reduziert . Umweltprobleme beim Wasser In Regionen mit intensiver Landwirt- schaft (Nieder- und Oberösterreich, Burgenland, Kärnten) haben Wasserver- sorger und Hausbrunnen Probleme,die Grenzwerte für das Grundwasser bei Stickstoff (50 Milligramm pro Liter) und Pestiziden (0,1 Mikrogramm pro Liter) einzuhalten. Da unser Trinkwasser zu 100 Prozent aus dem Grundwasser und Quellen kommt, bedeutet das für die Wasserversorger, dass sie entweder ihre Brunnen tiefer bohren, Grundwasser mi- schen oder auch aufbereiten müssen, um uns mit gesundem Trinkwasser zu versorgen. Schon jetzt es gibt Ausnah- men mit höheren Nitrat- und Pesti- Ob die Landwirtschaft auch beim Umweltschutz die „Kurve kriegt“ bleibt offen. ª Die Luftverschutzung durch die Landwirt schaft wird in der Öffentlichkeit noch immer verkannt. Hier ist ein Umdenken dringend notwendig. Web-Tipp: Mit geringerem Ressourcenverbrauch und weniger Umweltschäden müssen weltweit immer mehr Menschen ernährt werden – wie kann die Landwirt- schaft der Zukunft die Quadratur des Kreises schaffen? https://www.boell.de/index.php/de/themen/internationale-agrarpolitik
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