WUM 01/2020

www.ak-umwelt.at Seite 20 Wirtschaft & Umwelt 1/2020 zidwerten. Insgesamt wurden in den Jahren 2014 bis 2018 in 118 Gemeinden in Ober- und Niederösterreich eine Aus- nahme gewährt: 50 Ausnahmen für Ni­ trat und 68 Ausnahmen für Pestizide. Vor allem für Kleinkinder ist das ein Problem: Sie sollten laut Weltgesundheitsorgani- sation WHO viel weniger Nitrat, nämlich maximal 10 mg/l Nitrat aufnehmen. Selbst, wenn Nitrat und Pestizide nicht mehr in den Boden eingebracht werden, kann es je nach Boden, Regen- menge und Grundwassererneuerungs- raten Jahre dauern, bis sich die Stick- stoff- und Pestizidwerte imGrundwasser verbessern. Daher müsste in den belas- tetenGebietenweniger gedüngt undwe- niger Pestizide eingesetzt werden. Mit Agrarumweltförderungen wird seit Jahren versucht, die Problemge- biete in den Griff zu bekommen. Die Landwirt*innen düngen weniger, setzen weniger Pestizide ein und bekommen dafür eine Agrarumweltförderung aus- bezahlt. Dabei sind die Erfolge bislang nur mäßig. Abhilfe dürfte nun ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Oktober 2019 bringen. Es schreibt fest, dass der Nitratgehalt im Grund- wasser von maximal 50 Milligramm pro Liter mg/l Nitrat über gesetzliche Maß- nahmen einzuhalten ist. Die bislang typisch österreichische Praxis, zu ver- suchen über Agrarumweltförderungen diesen Grenzwert zu erreichen, ist zu- künftig nicht mehr möglich. Vielmehr ist zukünftig durch gesetzliche Maß- nahmen im Nitrat-Aktionsprogramm sicherzustellen, dass der Grenzwert eingehalten wird. Über Agrarumwelt- förderungen darf zukünftig eigentlich nur mehr die Einhaltung dieser 50 Mil- ligramm pro Liter gefördert werden, wie dies das Land Steiermark seit einigen Jahren macht. Dies ist besonders auch für Konsument*innen, die einen Haus- brunnen für ihr Trinkwasser nutzen eine frohe Botschaft. Daten der AK Oberös- terreich zeigen seit Jahren, dass bis zu 20 Prozent der Hausbrunnen in intensiv landwirtschaftlichen Gebieten die Nitrat- und Pestizidgrenzwerte überschreiten. Aktives Handeln gefragt Die gesetzlichen Grenzwerte bei Luft- und Wasserqualität einzuhalten, sind neben Klimaschutz und dem Erhalt der biologischen Vielfalt, die umweltpoliti- schen Herausforderungen für die kom- menden Jahre. Von Seiten der öster- reichischen Landwirtschaftspolitik wird seit dem EU-Beitritt eine klare Strategie angewendet: Gesetzliche Umweltaufla- gen in der Landwirtschaft eher niedrig zu halten und Umweltleistungen in der Landwirtschaft über das Agrarumwelt- programm ÖPUL abzugelten. So wer- den jährlich rund 440 Mio. Euro für Ag- rarumweltleistungen und Klimaschutz in der Landwirtschaft aufgewendet. Die Finanzmittel stammen zur Hälfte aus dem EU-Topf, die andere Hälfte wird na- tional kofinanziert. Weit mehr an Förder- geldern wird für Direktzahlungen ohne konkrete Umweltleistung ausgegeben. Umwelt- und Konsumentenschutzor- ganisationen setzen sich dafür ein, die Steuergelder nur mehr für eine umwelt- Schwerpunkt Agrarpolitik quo vadis? ª FOTO: PIXABAY_PEZIBEAR (1), GREENPEACE PLUS (1) GREEN DEAL UMWELTFREUNDLICH VOM HOF AUF DEN TISCH? Die Europäische Kommission schlägt im „Green Deal“ mit ihrer Initiative „Vom Hof auf den Tisch“ die Entwicklung eines fairen, gesun- den und umweltfreundlichen Lebensmittelsystems, sowie ein „Null-Schadstoff-Ziel“ für eine schadstofffreie Umwelt“ vor. Bedauerlich ist, dass die im ursprünglichen Entwurf enthaltenen konkreteren, quantitativen Ziele gestrichen wurden. Wir fordern eine Reduktion von Pestiziden um 50 Prozent bis 2030, neue Redukti- onsziele für Düngemittel und Treibgasemissionen bis zum Ende der Gemeinsamen Agrarpolitik 2026. Auch Produkte der „Neuen Gentechnik“ dürfen nicht unter dem Deckmantel einer umweltfreundli- chen Klimapolitik ohne Zulassung und Kennzeichnung auf den Markt. Wasser ist eines der wertvollsten Güter der Menschheit.

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