WUM 01/2020

freundliche Landwirtschaft zu verwen- den. Allerdings werden die derzeitigen Vorschläge für eine insgesamt umwelt- und klimafreundlichere Agrarförderpo- litik seitens der EU-Kommission von einem Großteil den Mitgliedstaaten und konservativen Kräften im Europäischen Parlament abgelehnt. Umso wichtiger ist es, auf nationaler Ebene Maßnahmen zu setzen, damit die Umwelt nicht unter die Räder kommt. Wir setzen uns für stren- gere gesetzliche Auflagen und ein bes- seres Umweltprogramm ein. Denn die Umwelt lässt sich nicht überlisten. ¨ Selbst, wenn Nitrat und Pestizide nicht mehr in den Boden eingebracht werden, dauert es Jahre, bis sich die Werte verbessern. www.arbeiterkammer.at Wirtschaft & Umwelt 1/2020 Seite 21 INTERVIEW MIT SEBASTIAN THEISSING-MATEI, GREENPEACE ÖSTERREICH LANDWIRTSCHAFT UND UMWELT Die europäische Landwirtschaft wird jährlich mit rund 60 Mrd. Euro Steuer- geldern subventioniert. Derzeit wird darüber entschieden, wie die Agrarför- derungen für die nächsten sieben Jahre aussehen werden. Wir haben dazu bei Sebastian Theissing-Matei, Greenpeace Österreich nachgefragt. Was sind die großen Streitfragen bei den Agrarförderungen? Wie so oft geht es darum, wer das meiste Geld bekommt und vor allem auch wofür. Wir von Greenpeace sind der Meinung, dass die Agrar- förder-Milliarden dafür verwendet werden sollten, gesellschaftlich erwünschte Leistungen zu unterstüt- zen. Also zum Beispiel den Schutz der Artenvielfalt, Schutz des Klimas und mehr Tierschutz. Die Agrarför- derungen sollten dazu beitragen, dass wir Lösungen zu den ganz gro- ßen Problemen unserer Zeit finden. Demgegenüber stehen europa- weit und auch in Österreich die konservativen Agrar-Verbände, die möchten, dass ein möglichst großer Anteil des Geldes pauschal an die Landwirt*innen ausbezahlt wird und mit möglichst wenig Auflagen verbunden ist. Konflikte zwischen diesen beiden Sichtweisen sind also vorprogrammiert. Wer profitiert und wer verliert beim jetzigen System? Unterm Strich profitieren vor allem die größten Betriebe. Der Löwenan- teil aller Förderungen wird nach der Größe der bewirtschafteten Fläche ausgezahlt. Die größten Betriebe bekommen somit das meiste Geld. Kleine Betriebe kommen dadurch leicht unter die Räder. Volkswirt- schaftlich gesehen subventionieren wir damit derzeit vor allem Grund- besitz und nicht nachhaltige und klimafreundliche Landwirtschaft. Wie soll ein künftiges Fördersys- tem aussehen? Das jetzige Agrarfördersystem wur- zelt immer noch auf Annahmen des letzten Jahrhunderts. Es ging damals vor allem darum, die Produktion von Nahrungsmitteln an- zutreiben – egal wie diese produziert wurden. Heute haben wir aber mit Überpro- duktion und katastrophalen Aus- wirkungen der immer intensiveren Landwirtschaft auf die Umwelt zu kämpfen. Das alte Fördersystem verschärft diese Probleme, anstatt sie zu lösen. Aus unserer Sicht sollten in Zukunft alle ausgezahlten Fördermittel an einen klaren Zweck gebunden sein. Derzeit ist das nur für einen Teil der Förderungen der Fall, einen großen Teil bekommen die Landwirt*innen pauschal. Wie kann mehr für Umwelt und Tierwohl getan werden? Da gibt es eine ganze Menge. Einer der wichtigsten Bereiche ist die Tierhaltung, die besonders viele Treibhausgas-Emissionen verur- sacht. Die Wissenschaft sagt uns, dass wir bis 2050 deutlich weniger Fleisch, Milch und Eier produzie- ren und konsumieren müssen, um den Klima-Kollaps zu vermeiden – weltweit mindestens um die Hälfte weniger als jetzt. Agrarförderungen sollten also unter anderem viel stärker dafür eingesetzt werden, um es Bäuer*innen zu ermöglichen wieder weniger Tiere zu halten. Und diese dafür in tierfreundli- cher Weise. Aber auch der Einsatz von gefährlichen Pestiziden und chemisch-synthetischen Düngemit- teln muss zurückgedrängt werden. Das schützt neben dem Klima auch unser Grundwasser. Sebastian Theissing-Matei ist Agarexperte und Aktivist bei Greenpeace in Österreich.

RkJQdWJsaXNoZXIy NDIxOTE=