WUM 01/2020

Kurzum: Direktvermarktung macht den Konsument*innen hochwertige und nachhaltige Produkte zugänglich. Insgesamt muss aber das Kaufverhalten von immer mehr Menschen in diese Richtung gehen, damit auch mehr nachhaltige Produkte angeboten werden, oder es braucht weitere Hebel. Gemeinschaftsverpflegung Ein sehr wirksamer Hebel ist die öffentliche Beschaffung. Durch die große Menge der an- gekauften Lebensmittel kanndas Angebot imRahmen einer strate- gisch genutzten, kriterienbasier- ten Beschaffung gemeinsam mit den Produzent*innen Schritt für Schritt verbessert werden – zum Vorteil von Produzent*innen, Konsument*innen und Umwelt. Beispiele für solche Verbesse- rungen sind Ökologisierungen in der Landwirtschaft oder die kontinuierliche Anhebung der Tierwohlstandards. Die öffent- liche Nachfrage sorgt dann für ein zusätzliches Angebot an nachhaltigen Produkten. Davon ausgehend können sich diese auch im Privatsegment stärker durchsetzen. Dass dieses Prinzip funktioniert, zeigen Erfahrungen aus der Stadt Wien (siehe Kasten unten). Von Obststädten und Alchemistenparks Ein weiterer wertvoller Hand- lungsspielraum für Kommunen sind Projekte, bei denen die Menschen Natur und Nahrungs- mittel mit allen Sinnen erleben können. Gemeinschaftsgärten und Obstparks sind Orte des Na- turerlebens und „Be-greifens“, des Lernens und der Begeg- nung. Sie schärfen das Bewusst- sein der Menschen. Ein solches Projekt ist die „Obststadt Wien“. Hier pflanzen und pflegen Men- schen gemeinsam Obstbäume im öffentlichen Raum. Partneror- ganisationen unterstützen, und die Stadt stellt Grundstücke zur Verfügung. Das Obst der Bäume ist für alle da. Ein weiteres schö- nesBeispielistder„Alchemisten- park“ in Kirchberg am Wagram. Obstexpert*innen haben hier gemeinsam mit der Gemeinde einen vielfältigen Permakultur- Erlebnis-Park als Lern-, Ge- nuss- und Verweilort angelegt. Auch hier können alle ernten. Die Vielfalt der Früchte und das jährliche Fest der Obstvielfalt er- freuen die Bewohner*innen und ziehen zahlreiche Interessierte in den Ort. Gutes Essen für Alle! Leider sind Menschen in einkommensschwachen Le- benslagen im Zugang zu hoch- wertigen Lebensmitteln tenden- ziell benachteiligt. Initiativen wie FAIRteiler-Kühlschränke zur Lebensmittelweitergabe, aber auch die „Früchte“ von Pro- jekten wie der Obststadt oder des Alchemistenparks können helfen, diese Versorgungslücke zumindest ein Stück weit zu schließen. Ob Obstpark, Beschaffungs- strategie oder Förderung der Lebensmittelweitergabe – in jedem Fall gilt: die Förderung lokaler Lebensmittelversorgung braucht politischen Willen. ¨ VIELE URBANE IMPULSE BEISPIELE AUS DER STADT WIEN www.arbeiterkammer.at Wirtschaft & Umwelt 1/2020 Seite 27 Gemeinsames Pflanzen von Obstbäumen, wie hier an der Oberen Alten Donau, soll auch das Naturbewusstsein fördern. Die Stadt Wien setzt im Bereich nach- haltige Ernährung seit langem zahlreiche Impulse – im eigenen Einflussbereich, mit Partner*innen, und in der Unterstützung von Initiativen und Vereinen (z.B. „Le- bensmittelPunkt Wien“). Mit „Ökokauf“, dem ökologischen Beschaffungspro- gramm der Stadt Wien wird die Qualität und Nachhaltigkeit der täglich rund 100.000 von der Stadt servierten Mahlzei- ten seit langem kontinuierlich verbessert. Wien hat auch eine bemerkenswerte, vielfältige Stadtlandwirtschaft, für deren Erhalt und Zukunftssicherung die Stadt gemeinsam mit der Landwirtschaftskam- mer den „Agrarstrukturellen Entwick- lungsplan“ erarbeitet hat. Im Januar hat der Wiener Landtag den „Lebensmittel- Aktionsplan“ beschlossen, mit dem die Bemühungen im Lebensmittelbereich nochmals bekräftigt und verstärkt werden – von der Anhebung der Bioquote über die Förderung regionaler Produkte bis hin zur Reduktion der Lebensmittelabfälle.

RkJQdWJsaXNoZXIy NDIxOTE=