WUM 01/2020
• www.arbeiterkammer.at Wirtschaft & Umwelt 1/2020 Seite 9 duktionen haben sich die Um- welttrends nicht verbessert. Die meisten Ziele für 2020, insbeson- dere im Bereich der biologischen Vielfalt, werden nicht erreicht. Nur mit Hilfe einer beispiellosen Wende, so die EEA, besteht noch die Möglichkeit zur Erreichung der längerfristigen Vorgaben und Ziele für 2030 und 2050. Schlüs- selsektoren sind hierfür Energie, Mobilität, Wohnen und Ernäh- rung, mit denen ein gutes Leben innerhalb der ökologischen Be- lastungsgrenzen des Planeten erreicht werden kann. FG DOPPELTER IRRWEG Pack das Tier in den Tank Beinahe wurde nun der Werbe- slogan aus den 1980-er Jahren, „sich den Tiger in den Tank zu packen“ Realität. Zwar nicht mit der geschmeidigen Raubkatze, sondern mit kleinen Nerzen die über viele Umwege tatsächlich im Kraftstoffreservoir landen könnten. Hintergrund dabei ist, so haben Recherchen des Westdeutschen Rundfunk er- geben, dass nur der behaarte Teil der Tiere Produktionsziel ist. Alles andere muss entsorgt werden. Diese nicht benötigten, enthäuteten Nerze werden an Tierkörperverwertungsanlagen geliefert. Der Rohstoff Kadaver wird dort weiterverarbeitet und „ein Großteil des Tierfettes in die Biodieselindustrie verkauft“. Ebendort wird es raffiniert und den Kraftstoffen beigemengt. Das Ganze induziert auch eine Menge Verkehr, liegen die Pelztierfarmen wegen der niedrigen tierschutzrechtlichen Bestimmung in Dänemark, die Tierkörperverwertungen in Deutschland und die Raffinerien in Belgien und den Niederlan- den. GL INTERVIEW MIT LEONORE GEWESSLER GUTE KLIMAPOLITIK MUSS LEISTBAR WERDEN Leonore Gewessler leitet mit dem BMK ein Ministerium, in dem erstmals die Zuständig- keiten für Klima, Umwelt, Energie, Verkehr, Innovation und Technologie gebündelt sind. Für uns erläutert sie, wie sie den Weg in Österreichs Klimaneutralität bis 2040 ebnen möchte. Nach 20 Jahren Stillstand bei der Reduktion von Emissionen sollen die nächsten 20 Jahre nun Klimaneutra- lität bringen. Warum sollte das jetzt gelingen? Wir haben mit dem Regierungsprogramm einen ambitionierten Plan für aktiven Kli- maschutz und dafür ist es höchste Zeit. Dadurch, dass in meinem Ressort die entscheidenden Hebel wie die Verkehrs- und Energiepolitik zusammenlaufen, können wir Maßnahmen ganzheitlich realisieren. Wir arbeiten derzeit intensiv an zahlreichen Schritten, wie z.B. einem Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien, einem neuen Energieeffizienz- gesetz und dem 1-2-3 Öffi-Ticket. Und wir haben viel Rückenwind dafür – sei- tens der EU-Kommission wie auch in der Bevölkerung. Die AK steht für Gerechtigkeit und schaut daher besonders auf die Verteilungswirkungen von klima politischen Maßnahmen. Wie wollen Sie sicherstellen, dass einkommens- schwache Haushalte nicht übermäßig belastet werden? Unser Ziel ist, auf dem Weg zur Kli- maneutralität niemanden zurückzulassen. Veränderungen sind nicht überall im gleichen Tempo möglich und darauf gilt es, Rücksicht zu nehmen – auch in der ökosozialen Steuerreform. Wir wollen die Voraussetzungen schaffen, dass für alle ein klimafreundliches Leben möglich und leistbar ist. Die Abwendung der Klima krise muss natürlich auf eine solidarische Art und Weise geschehen – unsere Steu- erreform soll eben nicht nur ökologisch, sondern auch sozial positiv wirken. Von vielen Klimaschutz-Initiativen profitieren vor allem auch einkommens- schwache Haushalte: ein Beispiel dafür sind Energieeffizienz-Maßnahmen bei Gebäuden. Sie senken sowohl die CO 2 - Emissionen als auch die Kosten für Strom und Heizung und bekämpfen dadurch das Phänomen der Energiearmut. Die Bundesregierung hat bereits eine Task Force zur ökosozialen Steuerreform eingesetzt. In welcher Form werden Sie die Sozialpartner darin einbinden? Wir wollen die besten Ideen und ver- schiedene Perspektiven zur Ökologi- sierung des Steuersystems einfließen lassen. Deswegen arbeiten wir derzeit mit dem Finanzministerium an einem Format, wie verschiedene Stakeholder – insbesondere die Sozialpartner – einbe- zogen werden und ihre Ideen vorbringen können. Mein Ziel ist jedenfalls, dass die österreichische Klimapolitik und die Maß- nahmen zur Ökologisierung des Steuer- und Wirtschaftssystem von einem breiten nationalen Konsens getragen werden. Klimapolitik kann mit Steuern, mit Ge- und Verboten oder mit öffentlichen Investitionen arbeiten. Worauf werden Sie den Schwerpunkt legen? Angesichts des Ausmaßes der benötigten Veränderung brauchen wir einen Ins trumentenkoffer an unterschiedlichsten Maßnahmen. Rechtliche Rahmenbedin- gungen spielen dabei eine zentrale Rolle. Klar ist, dass wir uns keine kontrapro- duktiven Schritte wie neue Ölheizungen leisten können. Auch Investitionen sind unerlässlich, etwa, um den Umstieg vom Auto zu den Öffis so attraktiv wie möglich zu machen und die Finanzierung von not- wendigen Schritten – wie den Austausch von Ölheizungen und den Ausbau von erneuerbaren Energien – sicherzustellen. Leonore Gewessler ist Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie.
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