Wirtschaft und Umwelt 03 2018
gebaut werden. Auch in Ratings und Marktanalysen, in der Finanzberatung und in Aufsichtsvorschriften möchte man Nachhaltigkeitsaspekte besser verankern. Schlussendlich sollen mit diesen Maßnahmen – wie beschrieben – Finanzströme umgelenkt, finanziel- le Risiken besser berücksichtigt und durch mehr Transparenz nicht nur die Fragmentierung des Markts verhindert, sondern auch Anleger bestmöglich vor sogenanntem Greenwashing geschützt werden. Weitere Initiativen Neben der Europäischen Kommis- sion widmen sich auch internationale Gremien der Förderung des Markts für „grüne Finanzanlagen“. So haben sich die G20 beim Gipfel in Hangzhou im Jahr 2016 auch mit den Potenzialen von Green Finance zur Unterstützung nach- haltiger Wachstumspfade und der Er- reichung der Klimaziele beschäftigt. Die sogenannte Green Finance Study Group (GFSG) der G20 soll in diesem Sinne in- stitutionelle und marktbezogene Barrie- ren identifizieren und, auf der Grundlage von länderspezifischen Erfahrungen, Ansätze zur Mobilisierung von Kapital für grüne Anlagen entwickeln. In diesem Kontext wurde 2017 der Green Finance Synthesis Report mit einem Schwer- punkt auf Environmental RiskAnalysis (ERA) in der Finanzindustrie und Publicly Available Environmental Data veröffent- licht. Dabei zeigt sich noch erheblicher Verbesserungsbedarf bei der Identifika- tion, Aufbereitung und Quantifizierung der Risiken und ihrer Folgen. Öffentlich verfügbare Umweltdaten sind eine bedeutende Informationsquelle für die Finanzindustrie. Diese umfassen gleichermaßen Daten zu historischen Trends wie Zukunftsszenarien/-progno- sen oder Analysen von Verschmutzungs- kosten bzw. dem Nutzen von Umweltsa- nierungsmaßnahmen – wobei neben einer Analyse der Umweltrisiken selbst auch eine Einschätzung der Reaktionen von Politik und Märkten erforderlich ist. Um der Unsicherheit derartiger Analy- sen Rechnung zu tragen, werden die für die Datengenerierung verantwortlichen Regierungen, internationalen Organisa- tionen, NGOs oder wissenschaftlichen Einrichtungen dazu aufgerufen, auch die zugrundliegenden Annahmen offen- zulegen.Unausgereifte Methoden, hohe Suchkosten und die geringe Anwender- freundlichkeit wurde die Datennutzung im Finanzsektor derzeit erschweren. An diesen Schwachstellen möchten die G20 ansetzen, auch durch intensivier- te Kooperation zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten. Doch auch abseits der politischen Ebene gab es in den letzten Jahren eini- ge Initiativen zur Weiterentwicklung und Systematisierung des grünen Anlage- marktes. So erstellt die in der Schweiz ansässige International Capital Market Association – mit 540 Mitgliedern aus dem erweiterten Finanzbereich in mehr als 60 Ländern – auf freiwilliger Basis die Green Bond Principles (GBP). GBP- konforme Anleihen müssen ihre (grünen) Inhalte anhand eigens definierter– und regelmäßig aktualisierter – Kriterien transparent nachweisen. Schwerpunkte werden dabei auf die Verwendung und das Management von Emissionserlösen, die Projektbewertung und -auswahl so- wie die Berichterstattung gelegt. Tatsächlich hat sich seit den ersten Emissionen grüner Anleihen durch die Europäische Entwicklungsbank und die Weltbank vor über 10 Jahren de- ren Volumenrasant vervielfacht, allein zwischen 2012 und 2017 ist das Markt- volumen einer Publikation des arbeit- gebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln zu Folge (Neligan/ Demary 2018) von 3 auf 157 Mrd. Dollar angewachsen. Im Sinne der Investo- rInnen begrüßen die AutorInnen das Bemühen der Kommission um mehr Marktransparenz. Einer Anpassung der Eigenkapitalvorschriften für Banken stehen sie aber skeptisch gegenüber. Welche konkreten Formen die auf EU- Ebene geplanten Maßnahmen schluss- endlich annehmen, wird sich wohl in naher Zukunft zeigen. ¨ VERÄNDERUNGEN SPÜRBAR ENTWICKLUNG DES GRÜNEN ANLEIHENMARKTS Neben der Stadt San Francisco, die bereits 2001 Solar Bonds emittierte, gelten der Climate Awareness Bond der EIB (2007) und der Green Bond der Weltbank (2008) als erste große Emissionen auf dem grünen Anleihenmarkt. Mittlerweile sind zahlreiche Städte, Staaten und Konzerne auf diesen Zug aufge- sprungen, der Markt ist in den letzten Jahren stark gewachsen. (siehe Text) Der Ratingagentur Standard and Poor’s zufolge waren dabei 2017 60 Mrd. der knapp 160 Mrd. Dollar an ausgegebenen Green Bonds aus Europa. Für das Jahr 2018 wird mit einem weiteren Anstieg um 30 Prozent auf 200 Mrd. Dollar ge rechnet. Dabei verändert sich der Markt auch inhaltlich. Wie die Climate Bonds Initiative – ein investo- renorientierter Verein mit einem Fokus auf klimarelevante Anleihen – berichtet, kamen bis 2016 die meisten grünen Anleihen in Europa aus dem Energiesektor. Seitdem konnten die Bereiche Verkehr und Gebäude ihre Anteile ausbauen. Die fünf größten europäischen Player auf dem Anleihenmarkt für klimarelevan- te Investitionen waren im Jahr 2017 – bei nationaler Zuordnung der Emittenten – Frankreich (11,8 Mrd. Euro), Italien (4,2 Mrd.), Deutschland (2,5 Mrd.), Schweden (2,5 Mrd.) und das UK (1,9 Mrd.). In Österreich wurden die ersten Green Bonds – 500 Mio. Euro für Energieeffizienz- maßnahmen – 2014 vom Verbund begeben. Zur Erreichung der EU Klimaziele 2030 werden ab 2021 zusätzliche Investitionen imUmfang von rund 180 Mrd. Euro jährlich nötig sein www.arbeiterkammer.at Wirtschaft & Umwelt 3/2018 Seite 13
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