Wirtschaft und Umwelt 03 2018
schließung mehr Ehrgeiz bei der Errei- chung der Klimaschutzziele im Rahmen des Pariser Übereinkommens gefordert. Denkbar wäre daher, dass die EU-Abge- ordneten ihre Zustimmung zum nächs- ten EU-Finanzrahmen daran knüpfen. Wie die EU-Budgets der nächsten sie- ben Jahre aussehen werden, dürfte im besten Fall im Frühjahr 2019 feststehen. Dieses Ziel hat die Kommission dem Rat und dem EU-Parlament zumindest mit seinem Vorschlag mitgegeben. ¨ Der Europäische Sozial- fonds soll einen Beitrag zur Schaffung „sauberer Jobs“ leisten und damit zum Klimaschutz beitra- gen. www.arbeiterkammer.at Wirtschaft & Umwelt 3/2018 Seite 21 In einer Broschüre von FT Watch über die Finanzialisierung der Natur (www.ftwatch.at/geld- waechst-nicht-auf-baeumen- oder-doch-broschuere) geht es um REDD+, mit dem im Rahmen der Klimarahmenkonvention Waldschutzmaßnahmen in Ent- wicklungsländern finanziert wer- den. FT Watch sieht das kritisch – warum? Heuwieser: Das Hauptproblem bei REDD+ ist, dass es Wald schützen will, indem die Nutzer des Waldes Geld dafür bekommen, dass sie auf die Nutzung verzichten. Das Geld sollte eigentlich durch den Verkauf von CO 2 -Gutschriften generiert wer- den: Wer Treibhausgase ausstößt, kauft CO 2 -Gutschriften aus REDD+, um damit die eigenen Emissionen zu kompensieren. Doch das Konzept funktioniert kaum. Und sogar wenn REDD+ von Entwicklungsgeldern statt über den CO 2 -Handel finanziert wird, ist die Vergütung meist minimal, und Verluste können durch die einge- schränkte Waldnutzung nie kompen- siert werden. Das beweisen Studien. Sie zeigen auch, dass häufig bei den Ärmsten gar kein Geld ankommt. Aber ist nicht dennoch die Grund- idee richtig? Heuwieser: Leider nein. REDD+ ist von Grund auf so angelegt, dass es die Hauptverursacher der Wald- zerstörung nicht im Visier hat und auch nicht haben kann. Denn den Besitzern von Palmöl- oder Sojaplan- tagen, den Bergbaufirmen und den Papierfabrikanten müssten horrende Kompensationen geboten werden, damit sich der Waldschutz für sie genauso lohnt . Das geht nicht, weshalb sich REDD+ auf indigene Gemeinden, Kleinbäuerinnen und -bauern konzentriert, und versucht, diese vom Sammeln von Feuerholz oder von Subsistenzlandwirtschaft abzuhalten. In den allermeisten Fällen trifft REDD+ gerade diejenigen negativ, die definitiv sehr wenig zum Klimawandel beitragen. Dazu kommt eben noch, dass die größten Verschmutzer ihre wach- senden Emissionen durch den Kauf von CO 2 -Gutschriften legitimieren. Die Flugindustrie hat das gerade durchgesetzt und lenkt so von effektiven Maßnahmen für verringerte Treibhausgase aus der Luftfahrt ab, z.B. einer Kerosinsteuer und einer Verlagerung auf die Schiene. Was müsste stattdessen unter- nommen werden, damit die Erhal- tung der Wälder finanziell sinnvol- ler ist als sie abzuholzen? Heuwieser: Ich würde die Frage anders stellen: Was müsste unter- nommen werden, damit Wälder erhalten statt abgeholzt werden? Inzwischen ist die Debatte so sehr darauf beschränkt, alles mit Markt- mechanismen lösen zu wollen. Es gibt aber auch Möglichkeiten, wie feste Begrenzungen von Abholzung, Kontingentierung, und auch Förde- rungen für nachhaltige Waldnutzung. Letztendlich braucht es eine Abkehr von fossilen Brennstoffen, eine Ände- rung unserer Landwirtschaft und Ernährung – weg von Palmöl und Massentierproduktion – oder unseres Verkehrssystems. INTERVIEW MIT MAGDALENA HEUWIESER, FINANCE & TRADE WATCH (FT WATCH) REDD+: ES TRIFFT DIE FALSCHEN Die NGO Finance & Trade Watch (FT Watch) setzt sich kritisch mit dem globa- lisierten Wirtschafts- und Finanzsystem und dessen umwelt- und menschen- rechtlichen Auswirkungen auseinander. Sie propagiert sozial-ökologische Alternativen und betreibt Kampagnen-, Bildungs- und Vernetzungsarbeit. Im Fokus stehen derzeit Themen wie der internationale CO 2 -Emissionshandel oder die Finanzialisierung der Natur (siehe www.ftwatch.at) . *Magdalena Heuwieser arbeitet bei FT Watch und dem Kollektiv Periskop, ist Autorin von "Grüner Kolonialismus in Honduras" und Mitautorin von "Auf Kosten anderer. Wie die imperiale Lebensweise ein gutes Leben für alle verhindert". FOTOS: SIEMENS (1), KAROLINE KALKE (1) Web-Tipp: Auf der Seite https://www.c40.org/ findet sich alles rund um die 40 Städte, die sich freiwillig dazu ver- pflichtet haben, für die BewohnerInnen eine gesünde- re und nachhaltigere Zukunft gestalten zu wollen. In Europa nehmen 18 Städte am Programm teil. TIPP
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