Wirtschaft und Umwelt 03 2018
*Christoph Streissler ist Chemiker und Mitarbeiter der Abteilung Umwelt & Verkehr der AK Wien. www.ak-umwelt.at Seite 22 Wirtschaft & Umwelt 3/2018 W ie bei allen integrierten Stahlwerken umfasst auch der Standort der Voestalpine in Linz eine Kokerei. Dort wird Steinkohle in Koks umgewan- delt, ein Vorgang, bei dem unter Hitze und Luftabschluss ver- schiedene Beistoffe abgetrennt werden und die Festigkeit der Kohle erhöht wird. Erst als Koks kann Kohle im Hochofenpro- zess eingesetzt werden. Bei der Verkokung fallen Kohlen- monoxid, Benzol, Schwefelsäu- re, Steinkohleteer und weitere Chemikalien an – die meisten von ihnen giftig oder krebser- zeugend. Diese Stoffe werden nach der Abtrennung und Reini- gung gelagert, bevor sie teils in der chemischen Industrie wei- terverarbeitet werden, teils im Stahlwerk an anderer Stelle als Energieträger dienen. Linz als Stahlstandort Verglichen mit Donawitz, ist Linz ein junger Stahl-Standort. 1938, kurz nach dem Anschluss Österreichs, wurde an dieser Stelle mit dem Bau begonnen, weil die Rohstoffversorgung mit Eisenerz vom steirischen Erzberg und mit Kohle aus Schlesien gut war und auch eine leistungsfähige Verkehrsanbin- dung über die Donau und die Westbahn bestand. Das Werk gehörte zu den „Reichswerken Hermann Göring“ und spielte für die Rüstungsindustrie des Dritten Reichs eine bedeutende Rolle. Folglich war es auch ein strategisch wichtiges Ziel von Bombenangriffen der Alliierten. Besonders heftig waren die Angriffe ab Juli 1944. Dabei wurden die Kokerei und die Chemikalienlager schwer be- schädigt. Dadurch gelangten vor allem Benzol und Teer- produkte großflächig in den Untergrund. Nachdem das Stahlwerk mit Kriegsende von den US-Streitkräften beschlag- nahmt worden war, wurde es im Sommer 1946 der Republik Österreich zur treuhändischen Verwaltung gegeben und so- gleich verstaatlicht. Wie andere Industrieprojekte aus der Nazi- zeit, wurde es zu einem Symbol desWiederaufbaus Österreichs. Die Kontamination des Un- tergrundes blieb lange Zeit un- beachtet. Auch nach dem Krieg kam es wiederholt zu Unfällen, bei denen giftige Chemikalien austraten. Weiters wurden ehe- malige Bombenkrater mit Abfäl- len aus der Teerdestillation und der Benzolverarbeitung verfüllt. Ausschlaggebend dafür, dass Jahrzehnte später die Sanierung des Standorts der Kokerei in Angriff genommen wurde, war letztlich der Bedarf an Flächen für Betriebserwei- terungen. Es war klar, dass auf dem kontaminierten Grund keine Anlagen errichtet werden können. Untersuchung der Kontamination Um den räumlichen Umfang und die Schwere einer Konta- mination des Bodens und des Grundwassers, das ihn durch- strömt, beurteilen zu können, wurden von 2004 bis 2009 Bo- denproben genommen, Analy- sen der Bodenluft durchgeführt und Grundwasserproben auf ihren Schadstoffgehalt analy- siert. FOTOS: PORR (1) Tipp Mehr zum Thema Altlastensanierung kann man sich hier downloaden – htt- ps:/ /www.umweltfoerderung.at/.../Altlastensanierung_in_Oesterreich_.pdf VOEST: Österreichs größte Altlastensanierung Im Zweiten Weltkrieg wurde das Stahlwerk in Linz bombardiert. 65 Jahre danach beginnt die Sanierung der damals entstandenen Umweltschäden. Diese größte Altlastensanierung Österreichs wird überwiegend aus dem Altlastenbeitrag finanziert. VON CHRISTOPH STREISSLER * Betrieb KURZGEFASST Auf dem Gelände der Voestalpine in Linz wird seit 2009 an der umfang- reichsten Altlastensanie- rung gearbeitet, die je in Österreich durchgeführt wurde. Bis Ende 2020 sollen die Bauarbeiten dafür abgeschlossen sein, danach wird noch über Jahrzehnte die Reinigung des Grund- wassers weitergehen.
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