Wirtschaft und Umwelt 03 2018
In manchen Bereichen des Untergrunds lag der Schad- stoffgehalt an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasser- stoffen (PAK) über einemGramm pro Kilogramm Boden. Es wird geschätzt, dass sich im Boden des kontaminierten Geländes 1000 bis 2000 Tonnen dieser krebserzeugenden Schadstoffe befinden. Ähnlich verhält es sich mit Benzol und den mit ihm ver- wandten Verbindungen (BTEX): Die Mengen pro Kilogramm Boden lagen teils über einem Gramm, und auch in der Boden- luft fanden sich beträchtliche Mengen dieser Schadstoffe. Der Grundwasserstrom beför- dert Schadstoffe noch dazu in das benachbarte Areal des Che- miepark Linz, der selbst eine Altlast ist. Allein durch das aus anderen Gründen notwendige Abpumpen von Grundwasser kommt es zu einem beständi- gen Schadstoffeintrag in die Donau: Nach Schätzungen des Umweltbundesamtes werden dabei täglich 60 GrammPAK, 20 Gramm Arsen und 160 Gramm Cyanide in die Donau geleitet. Fläche von 35 Hektar Mit einer belasteten Fläche von etwa 35 Hektar und einem geschätzten Volumen von über 500.000 m³ ist die Kontami- nation sehr umfangreich. Auf der Grundlage der Messungen und angesichts der Größe des Schadensherdes war es daher nicht überraschend, dass das Umweltbundesamt vorschlug, die Altlast „Kokerei Linz“ in die höchste Prioritätenklasse 1 ein- zustufen. Sie wurde in der Folge mit der Nummer „O76“ in den Altlastenatlas aufgenommen, die Liste der kontaminierten Deponien und Industriestand- orte („Altablagerungen“ und „Altstandorte“), von denen erhebliche Gefahren für die Ge- sundheit des Menschen oder die Umwelt ausgehen. Ende 2009 legte die Voest alpine ein Sanierungsprojekt vor. Bei einer Schätzung der Ge- samtkosten von 153 Millionen Euro lautete die entscheidende Frage, wer die Kosten überneh- men würde. Da der größte Teil der Schad- stoffaustritte durch Kriegsein- wirkungen entstanden war, gilt die Voestalpine nicht als Verur- sacherin; ein behördlicher Auf- trag zur Sanierung kam daher nicht in Frage. Auch die Schä- den, die in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden, waren damals nicht rechtswid- rig und werden daher dem Ver- ursacher nicht angelastet. Entscheidung für die Förderung Dass die Voestalpine den- noch Interesse an der Sanierung hatte, lag am Flächenbedarf für die Betriebserweiterung. Die Alternative wäre die Errich- tung eines Werkes an einem gänzlich neuen Standort, etwa in Rumänien. Indem sie diese Möglichkeit immer wieder ins Spiel brachte, gelang es der Voestalpine, Druck auf DER VERANTWORTLICHE MUSS SCHÄDEN BEHEBEN – BEI KLEINEN GEHT DAS – BEI GROSSEN SCHEITERT ES AN DER FINANZIERUNG. www.arbeiterkammer.at Wirtschaft & Umwelt 3/2018 Seite 23 Grundsätzlich fordert das Wasserrecht, dass Grund- wasser überall als Trinkwasser nutzbar sein muss. Ist es irgendwo zu einer Verunreinigung gekommen, so muss der Verantwortliche den Schaden beheben. Das funktioniert bei kleinen Schäden, doch schon bei alten Deponien und gar bei alten Industrie standorten ist das praktisch und finanziell oft nicht durchführbar. Daher gibt es seit langem Überlegun- gen, ein eigenes Altlastenverfahren zu schaffen, das eine flexiblere Festlegung der Sanierungsziele erlaubt und auch die Finanzierung auf breitere Beine stellt. Leider blieb es bei Entwürfen, obwohl es im Sinne des sparsamen Umgangs mit Boden wichtig wäre, industrielle Flächen wieder einer Nutzung zuzuführen. MASSSTÄBE ALTLASTENVERFAHREN Ausführliche Darlegung der Gefährdungssituation: http://www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/altlasten/ verzeichnisse/altlasten3/oberoesterreich1/o76/ ª Der Rückbau der Kokerei in Linz ist eines der großen Porr-Projekte.
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