Wirtschaft und Umwelt 03 2018

www.ak-umwelt.at Seite 30 Wirtschaft & Umwelt 3/2018 oder Minister können Projekte, die zur UVP eingereicht worden sind, dafür vorschlagen, was dann geprüft wird und bejahendenfalls in eine Verordnung der Bundesregierung mündet. An diese „Bestätigung“ sollen sich dann verfahrensbeschleunigenden Maßnah- men knüpfen: Der Entwurf beschränkt sich da aber nicht bloß auf gängige Maßnahmen wie z.B. kürzere Fristen zur Verfahrensstraf- fung, sondern legt eine einjährige Frist ab Veröffentlichung der Verordnung fest und verknüpft den Fristablauf mit einer Geneh- migungswirkung ex lege (~Genehmigungs- automatismus). Dies bedeutet, dass das Projekt genehmigt ist, unabhängig davon, welche Auswirkungen das Projekt hat und wo das Verfahren gestanden hat und was die Verfahrensverzögerungen verursacht hat. Investorenanliegen über alles. Das war wie ein Paukenschlag für die Öffentlichkeit, denn ein derart brachiales Instrument ist im Be- triebsanlagenrecht bis jetzt unbekannt. Doch damit nicht genug: Der Entwurf beschränkt dann noch die Beschwerdemöglichkeiten, dass es einer Abschaffung der gerichtlichen Überprüfung gleichkommt. Außerdem sieht er für erfasste Projekte geringere Umwelt- schutzanforderungen als das UVP-G vor, ohne zu erklären, was das genau bedeutet. Umweltschutz nur wenn unbedingt erforder- lich – das wären euer Zündstoff in künftigen Verfahren. In Summe erinnert der Entwurf an die Aussage des IV-Präsidenten Kapsch, der unter dem Eindruck der ablehnenden Dritte-Piste-Entscheidung gemeint hatte: „Wir müssen bestimmte Projekte durchbo- xen können.“ Genau dies setzt der Entwurf um, als hätte man ihm die Wünsche von den Lippen abgelesen. Wie Bundesministerin Schramböck – auf die viele Kritik an ihrem Entwurf angespro- chen – zuletzt sagen konnte, dass er vielleicht „ein bisschen progressiv“ sei, und ihn mit einemStart-Up verglichen hat, erschließt sich nicht. Viele Verfassungsexperten halten den Entwurf für irreparabel. So auch Prof. Funk, der gemeint hat, der Versuch den Entwurf zu reparieren wäre, „ein U-Boot in ein Flugzeug umbauen zu wollen“. Denn wenn man die Kritikpunkte beseitigen würde, dann bliebe vom Entwurf nichts mehr über. Wie es nun weitergehen soll, ist unklar. Die Ministerin hat eine Überarbeitung angekün- digt. In welche Richtung? Da kann man nur raten und hoffen, dass sie den Mut aufbringt, das Anliegen breiter aufsetzen zu lassen. Die Ansage des IV-Präsidenten steht ja nur stellvertretend für die vorherrschende verengte Sichtweise aufs Problem, die Verfahrensverzögerungen schlicht auf die Teilnahme von Nachbarn, Bürgerinitiativen und Umwelt-NGOs zurückführt. Dieser Tun- nelblick erklärt auch, warum immer nur ganz bestimmte Lösungsvorschläge diskutiert werden: Zuerst müsseman trachten, Projekte tunlichst von der UVP-Pflicht zu verschonen. Gehe das nicht, dann gelte es Parteirechte einzuschränken oder den Behörden und Ge- richten Fristen zu setzen, die sie einhalten sollen. Oder man senkt punktuell die Schutz- standards, so wie bei Verkehrsinfrastruktur- anlagen öfter geschehen. Viele Novellen sind in diesem Geist entstanden, oft anlassbezogen und ohne echte Diskussion. Sei es, weil Verfahrensbe- schleunigung wieder mal auf der politischen Agenda stand, sei es, weil wieder mal ein EU-Vertragsverletzungsverfahren oder verur- teilendes EuGH-Erkenntnis abzuarbeiten war (weil man den Wünschen der Wirtschaft vor- her zu sehr nachgegeben hatte). Der Reflex, dass Bürgerinitiativen und Umwelt-NGOs Projekte in der UVP sehen wollen, während Betreiber lieber „raus aus der UVP“ und den damit verbundenen Pflichten wollen, ist so alt wie das UVP-G selber. Am Grund dafür, dem großen Schutzgefälle zwischen dem UVP-G und den Infrastrukturgesetzen, die bis heute kaum ein Schutzniveau definieren und auch keine Nachbarrechte kennen, hat sich kaum etwas gebessert. Dieses Spannungsverhält- nis steht übrigens auch hinter dem letzten EuGH-Urteil zur einer 110kV-Stromleitung in OÖ, wonach nun auch „Trassenaufhiebe“ UVP-pflichtig sind. Die Ansage des IV-Präsidenten und, was der Entwurf alles vorschlägt, bleiben die- sem „Tunnelblick“ aufs Problem auffallend treu. Sie treiben das halt bei der Lösung nur auf eine Spitze, wo nur mehr Kopfschütteln bleibt. Motto: Wenn uns der Geduldsfaden reißt, dann brechen wir Verfahren eben ein- fach ab und es kann gebaut werden! Der Verfassungsexperte Prof Mayer fühlt sich an Donald Trumps Credo „Make America Great Again“ erinnert. Man denkt auch an die Vorgänge in Polen oder Ungarn, wenn sich sogar schon die Präsidentin des Verfas- sungsgerichtshofes besorgt zeigt. ¨ Politik Unser Standpunkt PROF. FUNK, EIN NAMHAFTER VERFASSUNGSEXPERTE HAT GEMEINT, DER VERSUCH DEN ENTWURF ZU REPARIEREN WÄRE WIE „EIN U-BOOT IN EIN FLUGZEUG UMBAUEN ZU WOLLEN“. Für eine moderne Infrastruktur: ¢ Sachliche Debatte über Verbesserungsmöglichkeiten. ¢ Defizite in der Koordination der Raumordnung angehen. ¢ Umwelt- und Anrainerinteressen ordentlich berücksichtigen. ¢ Öffentliches Interesse braucht klaren Rechtsrahmen.

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