Wirtschaft und Umwelt 04/2018

www.ak-umwelt.at Seite 30 Wirtschaft & Umwelt 4/2018 von Diesel-Pkw wegen nicht „vorherseh- barer Abgastricksereien der Autohersteller“ wegrechnen konnte. Rechtlich mag dies gedeckt sein, aber im wirklichen Leben hat das zu Grenzwertüberschreitungen und damit verbundenen Pkw-Fahrverboten als Begleitmusik in Europa geführt. Vor allem die EU-Kommission hat da- raus gelernt und erfolgreich für die nächste NEC-Periode durchgesetzt, dass Mit- gliedsstaaten einen verbindlichen Zieler- reichungspfad bis 2030 durch vierjährige Lufreinhalteprogramme erfüllen müssen. Diese sollen nicht mehr aus unverbindlichen Absichtserklärungen, sondern zwingenden und konkreten Maßnahmen bestehen. Erstmalig müssen diese bis 1. April 2019 aufgestellt sein. Neuer Faktor Zivilgesellschaft Anders als früher bleibt es Regierung und Verwaltung künftig nicht allein überlas- sen, ob sie Emissionshöchstmengen einhält oder nicht. Denn auf Basis der Aahrus- Konvention muss Österreich nun nolens volens anerkannten Umweltorganisationen sowie in ihrer Gesundheit betroffenen Per- sonen das Recht einräumen, die Einhaltung gerichtlich überprüfen zu lassen. Zieht man bereits ergangene EuGH-Judikatur heran, kann sich eine neue Qualität bei umwelt- politischem Handeln für eine saubere Luft ergeben, da Urteile keine Rücksicht auf politische Befindlichkeiten nehmen. Umweltproblem Landwirtschaft Die Verminderung von Ammoniakemis- sionen stand bei Verhandlungen auf EU- Ebene von Beginn an im Fokus. Jahrelang verkannt, spielen diese eine Rolle bei der Bildung von sekundärem Feinstaub (Parti- kelbildung in Verbindung mit Schwefel und Stickstoffoxiden) und schädigen darüber hinaus das Grundwasser. Ammoniak fällt ausschließlich in der Landwirtschaft bei Düngung und Massentierhaltung an. Die möglichen Maßnahmen reichen von einer festen Abdeckung der Güllebecken über fachgerechte Ausbringung von Gülle auf Feldern und weniger Eiweißgehalt bei der Fütterung von Tieren bis zu Filterungsanla- gen bei Massentierhaltung. Allen Vorgaben zum Trotz sind Ammoniakemissionen in den letzten Jahren nicht gesunken, sondern sogar gestiegen. Daher ist Österreich noch immer von einer ernsthaften Erfüllung der Vorgaben für 2010 weit entfernt und eine Zielerreichung im Jahr 2030 (minus 12%) fraglich. Die Bekämpfung von Feinstaub stand in vergangen Jahren im Mittelpunkt. Daher sind auch große Fortschritte beim Abbau von allen Feinstaub-Fraktionen erzielt wor- den und die Zielerreichung im Jahr 2030 ist nicht besonders anspruchsvoll. Für die NEC-Umsetzung sind nur primäre PM 2,5 - Emissionen relevant. Mengenmäßig größter Verursacher sind hier Haushalte mit Bio- masseheizungen (v.a. Allesbrenner-Kessel, Stückholz-Einzelöfen und Kachelöfen), die alle anderen Bereiche (Verkehr, Offroad, Gewerbe) bei weitem übertreffen. Für die Verbesserung der Gesundheit ist relevant, inwieweit Black Carbon bei den zu ergreifen- den Maßnahmen vermindert wird. Politisch interessant könnte es dagegen bei Fein- staub werden, wenn in den wenigen Regi- onen Österreich mit notorischen Feinstaub- Immissionsgrenzwertüberschreitungen (v.a. Stadt Graz) betroffene Bürger nun ihr Recht auf Einhaltung von Grenzwerten einklagen können. Feinstaub und Stickstoffoxide Prominent auf der Tagesordnung werden die Stickstoffoxide (NO x ) bleiben. Diese ent- stehen bei Hoch-Temperatur-Verbrennung von Brenn- und Treibstoffen. Der mit Ab- stand größte Verursacher ist der Verkehr. Österreich muss gemäß NEC-Vorgaben bis 2030 imposante Emissionsminderungen (minus 69%) erzielen. Für die Zielerfüllung wird maßgeblich sein, inwieweit der Strom- antrieb und die Diesel-Pkw-Norm Euro 6d auf Österreichs Straßen Einzug halten wird sowie „Flexibilitätsregelungen“ (=Berich- tigung bei Emissionsminderungsanforde- rungen wegen Abgastricks der Autobauer) von der EU-Kommission genehmigt wer- den. Aber auch hier gilt: Relativ gering- fügige Immissionsgrenzwertüberschrei- tungen an verkehrsstarken Straßen können von Umweltorganisationen und betroffenen Bürgern gerichtlich gefordert werden. Die Diskussion um Fahrverbote könnte also noch einige Jahre andauern. Wieviel Luft in welchem Zeitrahmen nach oben tatsächlich für eine gesündere Luft besteht, wird aber von den politischen Akteuren abhängen. ¨ Politik Unser Standpunkt DAS „LEBENSMITTEL“ LUFT WIRD LEIDER IMMER NOCH NICHT ALS SOLCHES WIRKLICH ERKANNT. Die AK fordert: ¢ Die Landwirtschaft muss auch zu gesunder Luft beitragen. ¢ Öffentlichen Verkehr ausbauen, Fahrverbote vermeiden. ¢ Offensive für City-Logistik ohne Diesel-Lkw. ¢ Leistbare Alternativen für Kohle- und Biomasse-Öfen in der Stadt.

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