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AK Stadt · Seite 4
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Rollsplitt
Wo beginnt der Frauen­
spaziergang?
Meistens fangen die Führun-
gen beim Parlament mit dem
Frauenwahlrecht und den
ersten weiblichen Abgeordne-
ten an: Anna Boschek, Emmy
Freundlich, Adelheid Popp,
Gabriele Proft, Therese Schle-
singer, Amalie Seidel, Maria
Tusch und Hildegard Burjan.
Wie geht es weiter?
Mit der Sozialministerin Grete
Rehor und dem Grete-Rehor-
Park neben dem Parlament,
den nicht jeder kennt.
Natürlich wird Maria-Theresia
erwähnt, dann gehe ich gern
über den Heldenplatz, wo die
Widerstandskämpferin Rosa
Jochmann beim Lichtermeer
1993 ihren letzten öffentlichen
Auftritt hatte.
Am Ballhausplatz 1...
...war einmal das Frauen-
ministerium, da saß eine
Johanna Dohnal. Dann könnte
man gleich zum Aktuellen
gehen, weil es ja jetzt dem
Ministerium für Öffentlichen
Dienst untergeordnet ist.
Spazieren Sie nur in der
Inneren Stadt?
Es gibt verschiedene Frau-
enspaziergänge, auch über
die Habsburgerinnen. So war
Margarethe von Österreich
eine Kunstmäzenin und die
erste, die sich eine Kunst­
kammer eingerichtet hat. Ihr
wird im Kunsthistorischen
Museum ein ganzer Raum
gewidmet. Am Zentralfriedhof
besuchen wir das Grab von
Margarethe Schütte-Lihotzky
– sie hat die Frankfurter
Küche entworfen. Wir machen
auch Halt beim Ehrengrab
von Paula von Preradovic, der
Dichterin der Bundeshymne.
Dürfen auch Männer mit?
Ja, natürlich. Ich fand es
skurril, dass eine Dame bei
der telefonischen Anmeldung
gefragt hat, ob sie ihren Mann
mitbringen darf.
Wie oft finden Frauen­
spaziergänge statt?
Wenn im Mai und Juni Hoch-
saison ist, gibt es bis zu drei
Frauenspaziergänge in der
Woche. Davon alleine kann
ich nicht leben. Ich bin auch in
der Erwachsenenbildung tätig
und mache klassische Wien-
führungen auf französisch.
Aber auch da kann ich mir
Seitenhiebe nicht verzwicken.
Das gehört bei mir schon
dazu, dass ich nicht nur auf
Adolf Loos, sondern auch auf
seine Frauen hinweise.
Wie wird man Fremden­
führerIn?
Die Ausbildung dauert zwei
Jahre und kostet etwa 3000
Euro. Der Kurs findet dreimal
in der Woche statt, es gibt
drei Prüfungen. Der Stoff ist
intensiv, man fängt bei den
Römern an, aber auch aktu-
elle Dinge werden verlangt.
Ich habe noch nie so viel
gelernt, die Matura war ein
Klacks dagegen.
Die Plakette zeichnet Sie
als offizielle Fremdenführe-
rin aus?
Das Führen ist ein staatlich
geprüftes Gewerbe. In
Deutschland kann ich mir
einfach ein Schild umhängen
und bin dann Fremdenfüh-
rerIn. In Österreich ist das
reglementiert. Darum sind wir
auch ganz erpicht auf diese
Plakette.
Wie schaut’s mit den
­Trinkgeldern aus?
Trinkgelder sind nicht mehr
selbstverständlich. Ältere
Menschen, die nach dem
Krieg aufgewachsen sind,
geben noch welches. Bei den
Jüngeren ist das nicht mehr
üblich.
Von der Kaiserin bis zur Ministerin
EIN HOCH AUF DIE ENGAGIERTEN FRAUEN
Susanne Herrmann
heftete sich bei den Wiener Frauenspaziergängen an die
Fersen engagierter, furchtloser und wegweisender Pionierinnen. Sie erzählt aber
auch über die Mühen, den Beruf zu erlernen und dem Ende einer guten Sitte.
Das Führen von Tou­
risten ist ein staatlich
geprüftes Gewerbe.
In Deutschland kann
sich jede ein Schild
umhängen und ist
FremdenführerIn.
Darum sind wir auch
ganz erpicht auf diese
Plakette
Susanne Herrmann führt zu prominenten Wiener Frauen
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