Seite 11 - AK_Stadt_2_2012

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AK Stadt · Seite 11
wien.arbeiterkammer.at/meinestadt
Schaffung einer Nostrifikations-Stelle
Ein wichtiger Punkt ist die Schaffung einer
zentralen Anlaufstelle für Nostrifikationen.
Derzeit ist nicht einmal ein Überblick über
die eingereichten und anerkannten ausländi-
schen Schulzeugnisse möglich, denn dafür
sind ganze acht (!) unterschiedliche Abtei-
lungen zuständig. Außerdem muss die
Dauer der Anerkennungsverfahren klar
begrenzt werden, eine schnelle Abwicklung
ist dringend erforderlich. Dass MigrantInnen
auf dem Weg zur Anerkennung mutter-
sprachlich beraten werden, ist eine weitere
Forderung der AK. Denn gut jede/r Zehnte
ohne Nostrifikationsansuchen hat aufgrund
fehlender Informationen bislang keine Aner-
kennung angestrebt. Davon sind auch Men-
schen mit einem überdurchschnittlichen
Qualifikationsniveau betroffen, denn ein
höheres Bildungsniveau in einer Herkunfts-
gruppe geht nicht zwangsläufig mit einer
guten Informationssituation einher. Anerken-
nungsverfahren müssen kostenlos sein, falls
zusätzliche Kurse erforderlich sind, sollten
finanzielle Förderungen möglich sein. Dieses
Bündel an Maßnahmen, das die AK für eine
ausgeglichene Zukunft geschnürt hat, würde
den Arbeitsmarkt und MigrantInnen glei-
chermaßen fördern.
Studium wird nicht angerechnet
Stellvertretend für die derzeitige Praxis in
Österreich steht der Fall einer Brasilianerin,
die ihr Pädagogikstudium in ihrer Heimat
mit Auszeichnung abgeschlossen hat.
Vom Bundesministerium für Wissenschaft
und Forschung ließ sich die Pädagogin
be­stätigen, dass ihr Diplom dem österreichi-
schen Bakkalaureat für Pädagogik gleich-
wertig ist. Mit diesem Dokument und dem
Abschlusszeugnis wandte sich die Frau an
die Universität Wien, um dort ihr Masterstu-
dium zu beginnen. Allerdings wurde ihr von
der Uni sinngemäß folgendes mitgeteilt:
Zwar darf die Pädagogin an der Uni ein
Pädagogik-Studium beginnen, doch ange-
rechnet wird ihr genau nichts. Falls sie zum
Masterstudium zugelassen werden möchte,
muss sie in Österreich das komplette Bak-
kalaureatsstudium absolvieren. Anfangen
bei Null, bloß weil das Studium nicht in der
EU absolviert wurde – ihre Qualifikation ist
für Österreich verloren. Denn unsere Igno-
ranz frisst ­Bildung.
JEDE/R ZEHNTE MIGRANT
I
N OHNE NOSTRIFIKATIONSANSUCHEN HAT
WEGEN FEHLENDER INFORMATIONEN BISLANG KEINE ANERKENNUNG
ANGESTREBT. DAVON SIND AUCH MENSCHEN MIT EINER ÜBERDURCH-
SCHNITTLICHEN QUALIFIKATION BETROFFEN.
Eine hohe Zahl an
Qualifikationen, die im
Ausland erworben wurde,
wird in Österreich nicht
genützt. Das schadet in
Summe gesehen nicht nur
MigrantInnen, sondern
auch den WienerInnen.
Entsprechendes Tätigkeits­
niveau und schulische Aus-
bildung (Selbsteinschätzung)
Ein Drittel der MigrantInnen gibt
an unterqualifiziert zu arbeiten.
Bei den NichtmigrantInnen sind
das 11%.
n
Tätigkeit unter dem Aus­
bildungsniveau
n
Tätigkeit entsprechend
n
Tätigkeit über dem Aus­
bildungsniveau
Migranten
Migrantinnen
MigrantInnen
6%
1%
4%
63%
64%
63%
31%
35%
33%
5%
5%
5%
87%
80%
84%
7%
14%
11%
Nicht-Migranten
Nicht-Migrantinnen
Nicht-MigrantInnen
Quelle: L&R Sozialforschung,
Beschäftigungssituation von Personen
mit Migrationshintergrund in Wien, 2011