WUM 2/2020

www.arbeiterkammer.at Wirtschaft & Umwelt 2/2020 Seite 7 AUFGEATMET Ruhe in Hallstatt Das pittoreske Hallstatt gilt als Symbol für „over-tourism“ in den Alpen. In dem Ort mit 750 Einwohner*innen stoppten im Vorjahr mehr als 21.000 Busse hauptsächlich mit chinesischen Besucher*innen. Der Autor Jonas Vogt hat während des Lockdowns zwei Wochen lang in Hallstatt den totalen Stillstand beobachtet und konstatierte ein Wiedererwachen des dörf- lichen Lebens. Laut Bräuhaus- Wirtin hätte die Pause gutgetan, um darüber nachzudenken, welche Form von Tourismus man zukünftig anbieten will. Auf der anderen Seite konnte die Gemeinde mit den Einnah- men von den Reisegruppen ein neues Ärztezentrum und 30 günstige Gemeindewoh- nungen finanzieren. Die Pause währte nur kurz, denn schon zu Pfingsten sorgten zahlreiche inländische Ausflügler für über- lastete Parkplätze und Staus vor den Sehenswürdigkeiten. Sie alle wollten Hallstatt ohne fernöstliche Reisegruppen er- leben. HH ABGEHOBEN 1 Air France soll „grüner“ werden Die französische Regierung knüpft ihr Rettungspaket – insgesamt 7 Milliarden Euro Darlehen – für Air France an ökologische Kriterien. Die Hil- fen seien nämlich kein Blan- koscheck, betonte der franzö- sische Finanzminister Bruno Le Maire: „Ziel von Air France muss sein, die Airline zu werden, die den Schutz des Planeten am nachhaltigsten garantiert.“ In- nerfranzösisch soll nur noch fliegen, wer ein Ticket für einen Weiterflug nach Asien oder in die USA besitzt. Weiters soll die Fluglinie ihre CO 2 -Emissionen auf Lang- und Mittelstrecken bis 2030 um 50 Prozent pro Passa- gier und Kilometer reduzieren; auf innerfranzösischen Flügen sogar schon bis 2024. HH ABGEHOBEN 2 Der Laudamotion-Krimi Die Gehaltsverhandlungen bei Laudamotion waren durchaus krimireif, garniert mit Ulti- maten, Erpressungsversuchen und Instrumentalisierung des Personals von Seiten des Un- ternehmens. So wollte der im Besitz von Ryanair befindliche Billigflieger das Grundgehalt für Flugbegleiter*innen unter das Ni- veau der Mindestsicherung drü- cken, jenes von Ko-Pilot*innen auf 1.700 Euro brutto pro Monat. Das ist übrigens der Mindest- lohn, den der ÖGB generell anstrebt. Dabei ist Ryanair eine hochprofitable Fluglinie, deren Gewinne in den letzten Jahren stets knapp unter einer Milliarde Euro lagen. Glücklicherweise blieb die Gewerkschaft vida prin- zipientreu, sodass doch noch ein einigermaßen akzeptabler Kol- lektivvertrag erzielt wurde. Die Lehren: (1) Es braucht eine starke und konsequente Gewerkschaft. (2) Die Corona-Krise wird die Probleme mit Lohndumping und Billigtickets weiter verschärfen. (3) Billigairlines, die so mit ihren Beschäftigten, Betriebsrat und Gewerkschaft umgehen, sollten gemieden werden. HH EUROVIGNETTE-RICHTLINIE Neue EU-Mautvorschrif- ten in Vorbereitung Seit drei Jahren werden neue Maut-Regelungen auf EU-Ebene verhandelt. Jetzt ist eine Eini- gung in Sichtweite. Vom großen Wurf der Kommission ist aber außer Detailregelungen nicht viel übriggeblieben. So wird es keine Pflicht zu einem fahrleis- tungsabhängigen Road Pricing für Pkw und Lkw geben, wenn auf Autobahnen Mauten einge- hoben werden. Die Vignette für Pkw in Österreich (=Maut gestaf- felt nach zeitlicher Dauer) wird zum Beispiel weiterhin neben kilometerbasierten Mauttarifen 300 400 500 600 549 518 480 448 393 358 345 331 324 Durchschnittliche Ticketpreise für Hin- und Rückflug weltweit in US-Dollar 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Zuviel Tourismus? Alles anders in der Krise. QUELLE: IATA; STATISTA ID 975460, 2020 Die Entwicklung zeigt, worüber sich Fluggäste freuten: Preise im Sinkflug. Dabei handelt es sich hier um einen weltweiten Durchschnitt, der Fern- und Nahflüge, Billigairlines und Qualitätslini- en in einen Topf wirft. Die Auseinander- setzungen über die Verweigerung von angemessenen Löhnen rund um Lauda- motion und über Klimaschutzmaßnah- men in den staatlichen Rettungspake- ten für AUA, Lufthansa oder Air France lenken den Blick jedoch aufs Wesentli- che. Unter den Dumpingpreisen leiden die Beschäftigten und die Umwelt. Die Pandemie hat Airlines weltweit ins Trudeln gebracht, so darf es jetzt nicht weitergehen. Höhere Flugabgaben, die Besteuerung von Kerosin, Mindest- preise für Flugtickets und vor allem ein Branchenkollektivvertrag mit fairen Löhnen und Arbeitsbedingungen sind nicht nur in Österreich überfällig. SL WIRTSCHAFT UND UMWELT GRAFIK-DIENST Flugtickets: Preiskampf zulasten von Klima und Beschäftigten

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