Seite 7 - AK_Stadt_4_2012

Basic HTML-Version

AK Stadt · Seite 7
wien.arbeiterkammer.at/meinestadt
Während Privatisierung häufig die Preise
steigen lässt, verursacht sie auch einen
Verlust kommunaler Gestaltungsspiel-
räume. Besonders in der Energiepolitik ist
der nötige Spielraum aber sehr entschei-
dend. Deshalb rekommunalisieren immer
mehr Gemeinden in Deutschland ihre zuvor
privatisierten Energienetze: In Hamburg,
Thüringen oder in der Pfalz steigen die Ge-
meinden als Energieanbieter wieder in den
Markt ein. Seit 2007 wurden im gesamten
deutschen Bundesgebiet 60 neue Stadt-
werke gegründet. Gibt es höhere Ziele als
die Gewinnmaximierung, sind private Un-
ternehmen überfordert. Denn um möglichst
viel Gewinn zu lukrieren, haben die Energie-
unternehmen freilich ein Interesse an einem
hohen Energieverbrauch. Ein Umstand, der
diametral gegen die Ziele der deutschen
Energiewende (sparsamer Umgang mit
Ressourcen, stufenweiser Atomausstieg bis
2022, Ausbau der erneuerbaren Energien)
arbeitet. Einzig durch einen wachsenden
kommunalen Einfluss können diese Ener-
gieziele verwirklicht werden.
Strom ist seit 2005 extrem teuer
Problematisch ist die Privatisierung natürlich
auch, wenn es um eine Grundversorgung
geht, die auch sozial Schwächeren zu gute
kommen sollte. Wenn etwa die Preise für
Leistungen, die zum täglichen Überleben
notwendig sind, überproportional steigen.
In Großbritannien ist es beispielsweise seit
2005 zu enormen Preissteigerungen im
Elektrizitätsbereich gekommen. Die Kos-
ten bewirkten einen eklatanten Anstieg
der Wasser- und Stromabschaltungen in
privaten Haushalten, die ihre Rechnungen
einfach nicht mehr bezahlen konnten. Ein
weiteres Beispiel für eine fehlgeschlagene
Privatisierungswelle ist der angespannte
Download der AK Analyse „Was
­kosten Privatisierungen?“:
http://wien.arbeiterkammer.
at/bilder/d167/Wug1143.pdf
Umspannwerke, wie das in
Stadlau, garantieren eine
allgemein gute Stromver-
sorgung und Infrastruktur.
à
Die AK nimmt Privatisierungen unter die Lupe
Staatsanteile sichern die Versorgung
Kurzsichtige Politik mit Folgen.
Mittelfris-
tig ist der Verkauf von Staatsanteilen für das
Land Österreich nicht attraktiv, zeigt die AK
Analyse „Was kosten Privatisierungen?“ mit
klaren Berechnungen. Angenommen der Staat
verkauft seine noch verbliebenen ­öffentlichen
Beteiligungen und reduziert sie damit auf eine
Sperrminorität – das wären Anteile an OMV,
Post, Telekom, Münze Österreich, Energie-
versorgern, den Bundesforsten, dem Flug-
hafen Wien und der BIG -, ergibt das einen
geschätzten jährlichen Verlust von 470 Mil-
lionen Euro. Zwar kann durch den Erlös des
Verkaufspreises ein kleiner Teil der Staats-
schulden getilgt und in Folge die Zinslast
gesenkt werden. Doch der Verlust etwaiger
Gewinnanteile an den verkauften Unterneh-
men ist weitaus höher als das Plus durch den
Beteiligungsverkauf.
Verkauf von OMV-Anteilen unrentabel
Freilich lassen sich insbesondere gut gehende
oder angesehene Staatsunternehmen verwer-
ten. Stellvertretend nur ein Rechenbeispiel:
Im Jahr 1996 wurden 14,9 Prozent der OMV
privatisiert. Zwischen 1996 und 2010 haben
sich die Jahresüberschüsse der OMV sehr
dynamisch entwickelt, gleichzeitig ist das Zins-
niveau der Staatsverschuldung über ­diesen
Zeitraum hinweg deutlich zurückgegangen.
Damit ist dem Staat faktisch ein Überschuss
von stolzen 1,67 Milliarden Euro entgangen
– ganze 393,6 Millionen Euro wären direkt an
Dividenden ausgeschüttet worden. An Zin-
stilgungen konnte sich der ­Finanz­minister
allerdings nur 250,6 Millionen Euro ersparen.
Ähnliches gilt auch für die ­Privatisierung von
Post- und Telekom-Anteilen. Denn auch die
Gewinne aus diesen Unternehmen werden
künftig nicht mehr ins ­öster­reichische Budget,
sondern an private ­Investoren fließen.
Der Staat wird nicht entlastet
Fazit: Der öffentliche Haushalt wird
durch einen Verkauf der Staatsanteile
langfristig nicht entlastet, sondern mit-
telfristig belastet. Resultat: Der Konsoli-
dierungsbedarf würde noch wesentlich
größer ausfallen. Für das Land und seine
BewohnerInnen ist eine starke öffentliche
Beteiligung bei wichtigen Unternehmen
essentiell – das sichert die Versorgung
der Menschen, ihre Arbeitsplätze und
notwendige Infrastrukturinvestitionen.
Veräußerung von Post- und OMV-Anteilen hat sich wirtschaftlich nicht ausgezahlt.