WUM 2/2020

So möchte man herausfinden, ob die EU mit den Vorschlägen der Europäischen Kommission einen ausreichenden Beitrag zur Erreichung der Pariser Klima- ziele leistet. Den Autor*innen der Studie zufolge müsste bei der zentralen wirtschaftspolitischen Strategie der aktuellen Kommis- sion aus klimapolitischer Sicht nachgeschärft werden. Statt die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 50 bis 55 Prozent ge- genüber dem Stand von 1990 zu senken (aktuell gültiges Ziel: 40 Prozent), wären wohl 65 Prozent nötig. Netto-Null-Emissionen müssten nicht erst 2050, son- dern bereits 2040 erreicht wer- den. Der von der Europäischen Kommission auf 260 Mrd. Euro geschätzte Bedarf an zusätz- lichen Investitionen in der EU wäre damit ungleich höher. FW DEUTSCHLAND Konjunktur- und Krisen- bewältigungspaket Unter dem Titel „Corona- Folgen bekämpfen, Wohlstand sichern, Zukunftsfähigkeit stär- ken“ legte der deutsche Koali- tionsschuss Anfang Juni 2020 Paket vor, das auch in Sachen Klimaschutz Akzente setzt. Mit dem Paket soll zunächst die Bin- nennachfrage gestärkt werden – unter anderem durch eine bis Ende 2020 befristete Reduktion des Mehrwertsteuersatzes (von 19 auf 16 bzw. 7 auf 5 Prozent) oder einen einmaligen Kinder- bonus. Gleichzeitig werden Zu- kunftsinvestitionen forciert: So werden beispielsweise gemein- nützige Organisationen, kommu- nale Betriebe sowie Handwerker und KMU bei der Umrüstung ihrer Fahrzeugflotte auf alter- native Antriebe unterstützt. Der Deutschen Bahn stellt der Bund zusätzliches Eigenkapital zur Verfügung, das CO 2 -Gebäude- sanierungsprogrammwird auf- gestockt und mit der geplanten „Nationalen Wasserstoffstrate- gie“ soll Deutschland „bei mo- dernster Wasserstofftechnik zum Ausrüster der Welt“ werden. FW REIFENKENNZEICHNUNG Mehr Info über Umwelt und Verkehrssicherheit Im Mai 2020 wurde endgültig eine neue EU-Verordnung für die Kennzeichnung von Reifen be- schlossen. Verbraucher*innen bekommen damit beim Kauf bessere Informationen über Umwelt und Verkehrssicherheit. Reifen und Rollwiderstand von Pkw sind laut EU-Kommission www.arbeiterkammer.at Wirtschaft & Umwelt 2/2020 Seite 5 KOMMENTAR VON RUUD KLEIN Kommentar Öffis und Corona Laut interner Regierungsprotokolle hat Kanzler Kurz die Angst vor Corona bewusst geschürt. Diese Strategie war doppelt erfolgreich: Die Ansteckungsrate wurde drastisch gesenkt. Auf der anderen Seite verändert es eine Ge- sellschaft, wenn in jedem Mitmenschen eine potentielle Virenschleuder gesehen wird. Das hat auch dramatische Auswirkungen auf die Öffentlichen Verkehrsmittel, in denen „social distancing“ schwierig ist. Wer hat und wer kann, fährt mit dem Auto. Das hat auch die Regierung kräftig gefördert. So steht (Auto)-Pendler*innen auch bei Homeoffice das Pendlerpauschale zu, während Zeitkartenbesitzer*innen ihre nunmehr nutzlosen Fahrkarten schon bezahlt hatten. Autofahrer*innen bekamen also Kosten – die sie gar nicht hatten – per Pauschale teilweise refundiert, die meisten Öffi-Nutzer*innen bleiben darauf sitzen. Wie kann man aber das Vertrauen in die Öf- fentlichen Verkehrsmittel wiederherstellen? Die Sozialpartner haben eine „Fahrgast-Charta“ erarbeitet, in der grundlegende Vorsichts- und Hygienemaßnahmen festgeschrieben werden. Der berühmte Meter Sicherheitsabstand ist in der Hauptverkehrszeit in Öffis unmöglich. Man kann aber aus der Not eine Tugend machen: Niemand wünscht sich die zur Stoßzeit überfüllte Wiener U-Bahn zurück. Die Corona-Krise kann zum Anlass genommen werden, das Verkehrsgesche- hen entspannter und angenehmer zu gestalten. „Entzerrung“ und Verlagerung sind die Zauber- worte. So könnten Arbeit und Schulen zeitver- setzt beginnen, das Recht (aber nicht Pflicht!) auf Homeoffice wäre auch eine Option. Gehen ist gesund, doch fußgängerfreundliche Verkehrs- politik ist das Stiefkind fast aller österreichischen Gemeinden. Viele mittlere Distanzen lassen sich auch mit dem (E)-Fahrrad zurücklegen. Doch hier fehlt es an attraktiven Radwegen und diebstahlssicheren Abstellmöglichkeiten. Einerlei, ob Radeln oder Gehen: Dafür wird zusätzlicher Platz benötigt, der in Städten nur auf Kosten des Autoverkehrs geschaffen werden kann. Der Verteilungskampf um Fahrbahnen und Parkplät- ze muss geführt werden. Ebenfalls jener, wenn es um die Finanzierung der Öffis geht. *Heinz Högelsberger ist Erdwissenschafter und Mitarbeiter der Abteilung Umwelt und Verkehr der AK Wien

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