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*DI Iris Strutzmann
ist Agrarwissenschaf-
terin und Mitarbeiterin in der Abteilung
Wirtschaftspolitik der AK Wien.
ie EU-Agrarförderungenmachen derzeit pro Jahr rund
60 Milliarden Euro aus, das sind rund 40 Prozent des
EU-Haushaltes für einen Sektor, der weniger als sechs
Prozent der Arbeitskräfte beschäftigt. Von diesen Milliarden
fließt ein Großteil an Direktzahlungen an die Landwirtschaft.
Künftig sollen diese Direktzahlungen an verpflichtende Um-
weltmaßnahmen gebunden werden. Eine „Ökoverpflichtung“
– das sogenannte „Greening“ – bildet das Herzstück der EU-
Agrarreform für 2014-2020. So soll z.B. für ackerbauliche
Kulturen eine Mindestfruchtfolge eingeführt werden, damit
nicht mehr Jahr für Jahr nur Mais auf einer Fläche angebaut
wird. Besonders wertvolle ökologische Flächen wie Hecken
oder Trockenrasen sollen erhalten bleiben. Wenn diese Öko-
verpflichtungen nicht eingehalten werden, sollen künftig nur
mehr 70 Prozent, bei bestimmten Vergehen gegen diese Auf-
lagen nur mehr 62,5 Prozent der Direktzahlungen ausbezahlt
werden. Allerdings soll die Teilnahme an einem Umweltpro-
gramm oder äquivalenten Umweltzertifizierungssystemen die
„Greening-Auflagen“ aufheben. Also ein Bauer, der in Öster-
reich amAgarumweltprogrammÖPUL teilnimmt, muss diese
Ökoauflagen nicht erfüllen. Das bedeutet, der Bauer bekommt
für ein und dieselbe Leistung gleich zweimal Förderung: Ein-
mal aus den Direktzahlungen und einmal für das ÖPUL aus
dem Topf für „Ländliche Entwicklung“. Das ist ganz klar
eine Doppelförderung für ein und dieselbe Leistung. Daher ist
der Vorschlag einer Doppelförderung gänzlich abzulehnen.
Agrar­umweltmaßnahmen müssen deutlich über die Greening-
Anforderungen hinausgehen. Das EU-Parlament kann diese
Vorschläge noch aufhalten – es hat in seinem Plenumsbe-
schluss zur EU-Agrarreform gegen eine Doppelförderung ge-
stimmt. Seit April laufen die Trilog-Verhandlungen zwischen
Kommission, Rat und Parlament der EU.
Zu bedenken gilt es weiters: Die Direktzahlungen für die
Landwirtschaft wurden im Jahr 1992 eingeführt und waren
als Ausgleich für niedrige Produktpreise gedacht. Mittlerwei-
le sind die Produktpreise erheblich gestiegen. Im Grunde ge-
nommen sindDirektzahlungen doch Einkommensstützungen,
von der vor allem die großen Agrarbetriebe profitieren. EU-
weit fließen von den Direktzahlungen rund 80 Prozent an nur
20 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe. Verpflichtende
ökologische Mindeststandards ohne Doppelförderung sind
daher das Gebot der Stunde, Obergrenzen für landwirtschaft-
liche Betriebe noch viel mehr.
Österreich wird gerne als ökologisches Musterland in der
EU im Bereich Landwirtschaft angeführt. Der hohe Anteil an
biologisch wirtschaftenden Betrieben ist sehr begrüßenswert.
Allerdings gibt es trotz vieler Jahre Agrarumweltprogramm
ÖPUL in den intensiven Ackerbaugebieten noch immer große
Nitratprobleme. Es wird höchste Zeit, dass sich daran etwas
ändert.
DI IRIS STRUTZMANN*
Fotos: WEINFRANZ (1)
Kontr
Seite 32
Wirtschaft & Umwelt 1/2013
ÖKOVERPFLICHTUNG FÜR
D
PRO
KÜNFTIGES MOTTO FÜR AGRARFÖRDERUNGEN: ÖFFENTLICHES
GELD FÜR ÖFFENTLICHE LEISTUNGEN
Bauerneinkommen fair besteuern
Mehr Steuergerechtigkeit innerhalb der Landwirtschaft und ge-
genüber den ArbeitnehmerInnen verlangt die AK: Seit 2000 sind
die Agrareinkommen um fast 100 Prozent, die der Arbeitneh-
merInnen nur um 27 Prozent gestiegen.
.
at/online/bauerneinkommen-fair-besteuern-69106.html
ÖKOVERPFLICHTUNG JA –
DOPPELFÖRDERUNG NEIN!
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