*Dr. Stephan Pernkopf
ist Präsident des
Ökosozialen Forum.
ie „Gemeinsame Agrarpolitik“ der EU ist im Um-
bruch. Jetzt werden die Weichen für die Zukunft der
österreichischen Landwirtschaft gestellt – und damit
auch für unsere Lebensmittel. Die EU-Kommission schlug vor,
sieben Prozent der produktiven Flächen in Europa stillzulegen.
Kommissar Ciolos spricht in diesem Zusammenhang immer
von ökologischen Vorrangflächen – was sich zugegeben gleich
viel besser anhört. Aber meiner Meinung nach geht die Kom-
mission von einem falschen Ansatz aus. Eine Stilllegung von
sieben Prozent der Flächen ist nicht die richtige Antwort auf
steigende Lebensmittelpreise.
Noch dazu stehen wir vor einem anderen Problem: Die
Weltbevölkerung nimmt zu. Die produktive Fläche, die wir
global zur Verfügung haben, nimmt imGegensatz dazu ab. Die
Frage ist: Wie soll das zusammenpassen? Sieben Prozent der
Flächen aus der Produktion zu nehmen, ist sicher nicht zielfüh-
rend. Die Lösung, um diese Lücke zu schließen, heißt aus mei-
ner Sicht nachhaltige Intensivierung. Ökologisch wirtschaften
und gleichzeitig mehr produzieren – das geht. Bei Zuckerrü-
ben etwa ist es gelungen, innerhalb von drei Jahrzehnten die
Düngung zu halbieren und den Ertrag nahezu zu verdoppeln.
Wir brauchen einfach kein ökologisches Disneyland auf sie-
ben Prozent der Flächen, sondern eine flächendeckende öko-
logische Produktion. Oder anders gesagt: Eine enkeltaugliche
Bewirtschaftung auf jedem Quadratmeter.
Unsere Bäuerinnen und Bauern haben bereits gezeigt, wie es
gehenkann.Wir sindmit unseremUmweltprogrammlängstVor-
reiter für eine umweltgerechte Landwirtschaft. Rund 90 Prozent
der landwirtschaftlichen Fläche werden nach den strengen Kri-
terien des Umweltprogramms bewirtschaftet. Im Durchschnitt
belegt jeder Betrieb zwischen drei und vier Umweltmaßnahmen.
20 Prozent werden darüber hinaus biologisch bewirtschaftet.
Insgesamt werden durch die Maßnahmen des Agrarumweltpro-
grammes 380.000 Tonnen CO
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eingespart. Damit kommen wir
auch dem Wunsch der KonsumentInnen nach Authentizität der
Lebensmittel nach. Und genau darum geht es schließlich auch:
Wir wollen Österreich als Genussland erhalten.
All dieseMaßnahmenmüssen angerechnet werden, wenn es
darum geht, verpflichtende Umweltmaßnahmen einzuführen.
Alles anderewürdeunsereBetriebemassivbenachteiligen.Den
Vorwurf der Doppel-Abgeltung kann ich zurückweisen, denn
diese Betriebe haben bereits eine höhere Einstiegs-Schwelle,
etwa im Bereich Tierschutz oder bei den sozialen Standards.
Die Idee der EU, die Agrarpolitik grüner werden zu lassen,
ist prinzipiell eine gute und stammt aus der Vorbildwirkung
von Österreich. Dieses Konzept auf alle anderen Länder aus-
zuweiten, die nicht so gut unterwegs sind wie wir, ist ein guter
Ansatz. Aber wir in Österreich brauchen sicher keine Ökover-
pflichtung, wir haben das gut imGriff. Wir sind Bio-Weltmeis
ter, das ist der beste Beweis dafür! Warum sollen also wir und
jene Länder bestraft werden, die das alles bereits erfolgreich
umgesetzt haben?
Altes auf neueWeise tun – das ist Innovation. Und genau die
brauchen wir auch in der Landwirtschaft. Vielleicht kommen
ja doch noch ein paar neue innovative Ideen aus Brüssel. Man
darf die Hoffnung schließlich nie aufgeben ...
DR. STEPHAN PERNKOPF*
verse
Wirtschaft & Umwelt 1/2013
Seite 33
DIE LANDWIRTSCHAFT?
D
CON
ÖSTERREICH IST VORBILD BEI UMWELTMASSNAHMEN IN DER
LANDWIRTSCHAFT. WIR BRAUCHEN KEINE ÖKOVERPFLICHTUNG
ÖPUL-Kennzahlen für 2011
Im Jahr 2011 wurden für das ÖPUL 549,2 Mio. Euro an 114.508
Betriebe für ÖPUL-Leistungen auf 2,2 Mio. ha ausbezahlt. Das
sind 74 Prozent aller Betriebe, die 89 Prozent der Fläche bewirt-
schaften.
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agrar-programm/OEPUL-Uebersicht.html
SIEBEN PROZENT FLÄCHENSTILLLEGUNG
WÄRE EIN FAULER KOMPROMISS