12
AK FÜR SIE 03/2017
Glabuen Aufsti g, Lohn
Karriere machen – mit
Schneller vorrücken, anständig verdienen, nicht
über den Tisch gezogen werden: Das gelingt
ArbeitnehmerInnen dank Kollektivverträgen.
Fotos: Lisi Specht
Mit Kollektivvertrag im Vorteil
Überblick: Kollektivverträge sichern mehr Rechte, als im Gesetz stehen.
n
Praktisch alle ArbeitnehmerInnen
in Österreich haben einen Kolektivvertrag – nur zwei
von hundert haben keinen. Regelmäßig vereinbaren die Gewerkschaften mit der Wirtschaft
Lohnerhöhungen. Und das ist nicht alles.
n
Mehr als 450 Kollektivverträge
regeln zusätzlich zur Lohnerhöhung branchenweise Mindest-
löhne, aber auch Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Lehrlingsentschädigungen, Aufwandsentschädigun-
gen, Arbeitszeit, Zuschläge und Zulagen, Reisekosten und vieles mehr.
n
Die Kollektivverträge
gehen über das Gesetz hinaus. Nach dem Handel vereinbarte etwa die
Metallindustrie, dass Elternkarenzzeiten auf die Vorrückung angerechnet werden.
Was genau in Ihrem Kollektivvertrag steht, erfahren Sie bei Ihrer zuständigen Gewerkschaft und über
www.kollektivvertrag.atI
n der Buchhandlung Morawa in der
Wiener Wollzeile, sind die Beschäf-
tigten zufrieden. Das spüren auch die
Kunden, die top beraten werden. Ein
Grund dafür: Hier gilt, wie generell im
Handel, ein anständiger Kollektivver-
trag. Bereits 2015 haben die Gewerkschaft
GPA-djp und die Unternehmervertreter im
Handel monatlich brutto
1.500 Euro Mindestlohn bei
Vollzeit vereinbart. Jetzt sind
es schon 1.546 Euro. Und,
so Betriebsratsvorsitzender
Martin Müllauer: „Es ist gut,
dass das per Kollektivver-
trag geregelt ist.“
Vorrückung
Einen Mindestlohn von 1.500 Euro hat
jetzt auch die Bundesregierung als Ziel in
ihrem neuen Regierungsprogramm. Be-
günstigt davon wären 300.000 Arbeitneh-
merInnen. Gewerkschaften und Wirtschaft
sollen bis Ende Juni darüber eine Verein-
barung erzielen, sonst will die Regierung
den Mindestlohn per Gesetz einführen.
Allerdings halten die Gewerkschaften von
einer gesetzlichen Regelung wenig. Das
„wäre nur die zweitbeste Lösung“, so
ÖGB Präsident Erich Foglar.
Ein Gesetz „würde nur einen Mindest-
stundenlohn in Euro vorschreiben, aber
sonst nichts regeln“, argumentiert Foglar.
Kollektivverträge können mehr. Morawa-
Betriebsrat Martin Müllauer: „Es darf nicht
vergessen werden, dass
das 13. und 14. Gehalt
durch den Kollektivvertrag
geregelt ist, davon höre ich
bei der derzeitigen Debat-
te um den Mindestlohn
aber nichts.“ Wie in
Deutschland könnten nur
zwölf Gehälter im Jahr aus-
gezahlt werden. „Das wäre
für den Handel sehr schlimm.“
Tatsächlich garantiert nur der Kollektiv-
vertrag Urlaubs- und Weihnachtsgeld –
und jede Menge mehr. Im Handel fördert er
direkt die Karriere. Seit 2012 wird auch die
Zeit einer Elternkarenz auf die Vorrückung
angerechnet. Philipp Wagner, Buchhändler
und ebenso Betriebsrat bei Morawa: „Ich
habe noch nicht profitieren können, aber
ich freue mich für meine Kolleginnen und
Kollegen, die derzeit in der Karenz sind.“
In Branchen wie dem Tourismus ist der
Kollektivvertrag regelrecht überlebensnot-
wendig. Dort, wo manche Wirte Arbeit-
nehmerrechte nicht so genau nehmen,
„wäre es noch schlimmer, hätten wir kei-
nen Kollektivvertrag“, sagt Berend Tusch,
Tourismus-Sprecher der Gewerkschaft vi-
da und Betriebsratsvorsitzender im Hotel
Ananas. „Ein Meilenstein“ ist für Tusch die
Fünf-Tage-Woche durch Kollektivvertrag.
Freizeit geregelt
In Hotels etwa ist sieben Tage die Woche
rund um die Uhr Betrieb. Šemsa Memic
„Gouvernante“ für die Stubenfrauen auf
einem Stock, kann sich aber darauf verlas-
sen, dass sie nicht rund um die Uhr arbei-
ten muss.
Arbeitet sie in einer Woche von Montag
bis Freitag, kann es sich durch die per Kol-
„Es darf nicht ver-
gessen werden, dass
der 13. und 14. durch
den Kollektivvertrag
geregelt ist.“
Martin Müllauer,
Betriebsrat in
der Morawa-Buchhandlung
Martin Müllauer und Philipp Wagner
arbeiten in der Buchhandlung Morawa:
Kollektivvertrag sichert, dass Elternkarenz
für Vorrückung angerechnet wird
´