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Noch Fragen?

wien.arbeiterkammer.at

AK FÜR SIE 03/2017

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ab, ob für ein Gerichtsverfahren die

Schlüsselinformationen zur Verfügung ste-

hen. Im Fall Günther Wurm hieß das: Ob

eine Weitergabe der Aufträge an das am

Ende zahlungsunfähige Subunternehmen

zulässig war, weiß nur der öffentliche Bau-

herr, in diesem Fall die Stadt Wien, und die

von ihm beauftragte Gerüstbaufirma.

Diese wichtige Information legte die

Stadt Wien noch im Dezember 2016 frei-

willig offen, als sie von den nicht gezahlten

Löhnen hörte. „Die Stadt Wien wollte,

dass gegen Lohndumping auf ihren Bau-

stellen vorgegangen wird“, sagt Andrea

Ebner-Pfeifer. So kamen Herr Wurm und

seine Kollegen schnell an das Geld, das

ihnen zustand.

Neue Rechtslage

Seit 1. Jänner gilt eine neue Rechtslage,

die es Leuten wie Herrn Wurm leichter

machen wird, ihr rechtmäßig verdientes

Geld einzuklagen. Der öffentliche Bauherr

muss solche Informationen offenlegen,

wenn es am Ende um nicht gezahlte Löh-

ne geht. „Das ist ein kleiner Paragraf im

Vergaberecht, der eine große Wirkung ha-

ben wird“, sagt der AK Bereichsleiter

Rechtsberatung, Hans Trenner. „Unterneh-

men, die einen öffentlichen Auftrag anneh-

men und ihn dann für wenig Geld an Bil-

ligstbieter unter der Hand weitergeben,

müssen jetzt mit Klagen rech-

nen, wenn die Billigstbieter am

Ende keine Löhne zahlen.“

Die Gewerkschaften und die

AK hatten sich für diese Verbes-

serung starkgemacht. „Damit ha-

ben wir einen juristischen Hebel

mehr gegen das Lohndumping“,

sagt Trenner. „Das hilft denen,

die kein Geld bekommen. Und

es schützt das Lohngefüge ins-

gesamt für alle, die am Bau ar-

beiten. Denn auch unter den Fir-

men wird sich schnell herumsprechen,

dass sie jetzt mit unseren Klagen rechnen

müssen.“

UTE BÖSINGER

Immer mehr Bauunternehmen geben Auf-

träge an Subunternehmer weiter. Oft ist das

Geflecht der Unternehmen und ihrer

Subunternehmen schwer durchschaubar

Fotos: Erwin Schuh

am gleichen Ort

Bekämpfungsgesetz. Künftig können

Unternehmen, die sich unseriöser

Subunternehmen bedienen, leichter

geklagt werden: Sie müssen für eine

Unterentlohnung auf ihrer Baustelle

geradestehen, wenn etwa auslän-

dische Subfirmen die Löhne der

Bauarbeiter nicht zahlen. Öffentliche

Auftraggeber müssen dazu noch

Auskunft über die Subvergabemög-

lichkeiten ihrer Bauaufträge erteilen,

damit ausstehende Löhne leichter

eingetrieben werden können.

Billig im Ausland versichert?

Aber eine offene Flanke bleibt: Viele

Unternehmen melden ihre Beschäf-

tigten in den Nachbarländern an.

Dort zahlen sie in der Regel viel

niedrigere Sozialversicherungskos-

ten als eine Firma, die ihre Be-

schäftigten in Österreich anmeldet.

Dadurch geraten Firmen, die ihre

Beschäftigten fair in Österreich

anmelden, und damit auch das

österreichische Sozialversicherungs-

system weiter unter Druck.

Gleicher Lohn, gleiche Beiträge

Das muss sich ändern. „Wir brau-

chen gleichen Lohn für die gleiche

Arbeit am gleichen Ort“, sagt deshalb

AK Präsident Rudi Kaske. „Es geht

dabei auch um die Sozialversiche-

rungsbeiträge. Wer in den Nachbar-

ländern sozialversichert wird, sollte

dort auch einige Monate gearbei-

tet haben. Und die Sozialversiche-

rungsbeiträge in den Nachbarlän-

dern müssen nach dem berechnet

werden, was die Leute in Österreich

verdienen, nicht wie bisher nach den

niedrigeren Löhnen dort.“

1.000 Kontrolleure mehr

Die AK fordert außerdem gemein-

sam mit den Gewerkschaften über

1.000 Kontrolleure für die Finanzpo-

lizei. Derzeit sind es unter 500 Kon-

trolleure. Denn schärfere Gesetze

allein sind nur die halbe Miete. Die

Einhaltung muss auch vor Ort auf

den Baustellen kontrolliert werden.

Gerüstbauer Günther Wurm holte sich

Rat bei AK Arbeitsrechtsberaterin

Andrea Ebner-Pfeifer, als seine

Firma nicht mehr zahlte