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AK FÜR SIE 07–08/2017
AuLohn, Arbeitszeit
1.500 Euro brutto Mindestlohn für alle – stufen-
weise bis zum Jahr 2020. Darauf haben sich die
Sozialpartner vor kurzem geeinigt.
„Ich freu mich
auf mehr Geld“
Friseurin Anna Frank mag ihren Beruf: „Es
war schon längst Zeit, dass das passiert“,
freut sie sich auf 1.500 Euro Mindestlohn“
A
nna Frank fährt mit dem Kamm
durch die Haare eines Kunden.
Mit dem Fön vollendet sie die
Frisur. „Friseurin sein ist mehr
als nur Haare schneiden“, sagt
die 28-Jährige. Der Kunde wirkt zufrieden.
Anna mag ihren Beruf: „Neben dem hand-
werklichen Teil muss man chemisches
Wissen besitzen, gute Umgangsformen
haben und, um sich mit den
Kunden austauschen zu
können, auch die Medien
verfolgen.“
Freilich ist FriseurIn
„kein Beruf, wo man viel
Geld verdienen kann“, sagt
Anna. Tatsächlich beträgt
der Mindestlohn in der
Branche derzeit 1.228 Euro brutto. Das
wird sich aber nun ändern. Bis 2020 steigt
der Mindestlohn nach und nach auf 1.500
Euro, wurde im Kollektivvertrag vereinbart.
„Es war schon längst Zeit, dass das pas-
siert“, freut sich Anna Frank auf mehr Geld.
Sie verdient derzeit für 20 Wochenstun-
den 650 Euro brutto – das wären bei Voll-
zeit 1.300 Euro brutto.
Nicht nur die FriseurInnen können sich
freuen. Die Sozialpartner ÖGB, AK, Wirt-
schaftskammer und Landwirtschaftskam-
mer haben vereinbart, dass bis 2020 in
allen Kollektivverträgen min-
destens 1.500 Euro brutto
fixiert werden.
Per Kollektivvertrag
Dass die Mindestlöhne er-
höht werden sollen, verein-
barten die Sozialpartner be-
reits zu Jahresanfang. Eben-
so vereinbarten sie, über flexiblere Arbeits-
zeiten zu reden. Daraufhin ersuchte die
Bundesregierung die Sozialpartner, sich
bis Ende Juni zu einigen. Sonst komme ein
Gesetz, in dem diese Themen geregelt
werden.
Ein Gesetz über den Mindestlohn
kommt nicht. Er ist auch in den Kollektivver-
trägen besser aufgehoben – dort ist zum
Beispiel auch geregelt, dass Löhne 14-mal
im Jahr bezahlt werden, nicht nur zwölfmal.
Per Kollektivvertrag steigt etwa auch der
Lohn im Hotel- und Gastgewerbe ab Mai
2018 auf mindestens 1.500 brutto. Andre-
as Schwabl, Betriebsrat im Café Schwar-
zenberg: „Die Lebenshaltungskosten sind
stark gestiegen. Deswegen ist die Anhe-
bung des Mindestlohns so wichtig.“
Mitreden bei der Arbeitszeit
Über die Arbeitszeiten verhandeln die So-
zialpartner weiter. Die Wirtschaft will, dass
leichter bis zu zwölf Stunden am Tag ge-
arbeitet werden darf. Gewerkschaft und
AK wollen Selbstbestimmung der Arbeit-
nehmerInnen, wann sie wie lange arbeiten,
Erholung muss gewährleistet sein, die Ar-
beitszeiten mit Kinderbetreuung vereinbar
sein – nicht zuletzt dürfen ArbeitnehmerIn-
„Die Lebenshaltungs-
kosten sind gestie-
gen. Deswegen ist die
Anhebung des Min-
destlohns wichtig.“
Andreas Schwabl,
Betriebsrat für
das Café Schwarzenberg
Fotos: Erwin Schuh
So steigt jetzt der Mindestlohn
Branchen, die im Kollektivvertrag heuer 1.500 Euro Mindestlohn brutto fixiert haben
Branchen
Mindestlohn derzeit
1.500 Euro Mindestlohn Erhöhung
netto
brutto
netto
ab
netto*
Textilindustrie
1.325,-
1.110,-
1.12.18 1.210,-
+9 %
Kunststoffverarbeitung, Gewerbe
1.460,-
1.185,-
1.5.18 1.210,-
+2,1 %
Lederwaren-, Kofferindustrie
1.400,-
1.147,-
1.6.18 1.210,-
+5,5 %
Schuhindustrie
1.330,-
1.113,-
31.12.18 1.210,-
+8,7 %
Hotel- und Gastgewerbe
1.460,-
1.185,-
1.5.18 1.210,-
+2,1 %
Kunststoffverarbeiter
1.450,-
1.179,-
1.4.18 1.210,-
+2,6 %
FriseurInnen
1.228,-
1.042,-
1.12.20 1.210,- +16,1 %
Feinkostindustrie und -gewerbe
1.300,-
1.094,-
2020
1.210,- +10,6 %
Fleischergewerbe, -warenindustrie
1.300,-
1.094,-
2018
1.210,- +10,6 %
*Annahme: Bei 1.500 Euro brutto gilt ab 2018 ebenso der (niedrigere) Beitragssatz
zur Sozialversicherung, der jetzt bis 1.446 Euro gilt.