28
AK FÜR SIE 09/2014
Der Trick mit
der Statistik
Im Wettstreit der Argumente gilt oft: Wer die pas-
sende Statistik hat, hat recht. Doch nicht selten
sagen Zahlen etwas ganz anderes, als es auf den
ersten Blick scheint.
D
ie Nachricht schockte alle Bur-
ger-Junkies und Kebab-Kings:
Fast Food macht depressiv! So
lauteten die Schlagzeilen über
eine Studie der spanischen Uni-
versität Navarro, die im Frühjahr 2012 ver-
öffentlicht wurde. Besonders gefährdet
seien Singles, die mehr als 45 Stunden die
Woche arbeiteten.
Doch macht Fast Food wirklich un-
glücklich? Oder achten unglückliche und
gestresste Menschen einfach weniger auf
ihre Ernährung? Bei näherer Betrachtung
stellte sich heraus: Was die Ursache und
was die Wirkung ist, kann die Studie nicht
eindeutig beantworten – nur, dass Depres-
sive auch öfter Fast Food konsumieren.
Ebenso wenig ist der Umkehrschluss zuläs-
sig, dass Menschen umso weniger zur
Schwermut neigen, je weniger Fast Food
sie essen. Denn das geringste Risiko hat-
ten jene, deren täglicher Konsum ziemlich
genau in der Mitte zwischen Fast-Food-
Junkies und Gesundheits-Freaks lag (ge-
nau: 8,7 Fälle im Jahr pro 1.000 Personen).
Kenntnisse fehlen
Über die Aussagekraft von Statistiken
lässt es sich schon unter Fachleuten treff-
lich streiten. Umso schwerer tun sich Men-
schen, die nicht tagtäglich mit dieser Art
Zahlen zu tun haben. Dem Laien ist aber
oft nicht bekannt, wie die Daten erhoben
wurden und welche Schlussfolgerungen
auf dieser Grundlage wirklich gezogen
werden können.
So bedeutet die Aussage: „Es wird
morgen zu 30 Prozent regnen“ nicht, dass
es ein Drittel des Tages regnen wird. Es
sagt nur, dass es unter den beobachteten
Wetterbedingungen eine 30-prozentige
Wahrscheinlichkeit gibt, dass es am
nächsten Tag regnet.
In einer modernen Gesellschaft wird
das Verständnis für Zahlen und Statistiken
immer wichtiger. Doch die meisten Men-
schen bekommen das Werkzeug dazu
nicht mit auf den Weg. „Wir sollten in den
Schulen frühzeitig Statistikkompetenz ver-
mitteln, die Kinder müssen den Umgang
mit Unsicherheiten und Wahrscheinlich-
Wissen
Regenwahrscheinlichkeit 30 Prozent: Ob es
regnet oder die Sonne scheint, das kommt
aufs Wetter an
Fast Food macht depressiv, so das Ergebnis einer Studie – auf den ersten Blick. Bei genaue-
rer Betrachtung waren Personen mit mittlerem Fast-Food-Konsum am wenigsten betroffen
Fotos: Thomas Lehmann
Wettervorhersage
So Mo Di
20
°
C 24
°
C 16
°
C
Depressionen
Fälle von tausend
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
11,4
8,7 9,3
viel Fast Food
goldene Mitte
wenig Fast Food
1...,18,19,20,21,22,23,24,25,26,27 29,30,31,32