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AK FÜR SIE 09/2014
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hen“ wurde allerdings eine Reihe anderer
Erhöhungen von Familienleistungen: Die
AK ExpertInnen rechneten nach, und siehe
da: Statt einem Wertverlust ergab sich eine
Steigerung der Leistungen aus dem Famili-
enlastenausgleichsfonds für ein Kind um
44 Prozent.
Werden Sie reich!
Ein anderes Beispiel: 2003 star-
tete die damalige österreichi-
sche Regierung eine Initiative
für private Pensions-Vorsorge-
modelle. Für 1.000 Euro Ein-
zahlung pro Jahr gab es 90 Euro
Prämie vom Staat. Auf den
ersten Blick ein tolles An-
gebot. Denn selbst wenn
der veränderliche Zinssatz
der Bank auf null gefallen wäre, hätte allein
die staatliche Prämie einen Zinssatz von
sensationellen 9 Prozent ergeben. Aller-
dings: nur im ersten Jahr. Wenn das Spar-
guthaben nach dem zweiten Jahr auf
2.090 Euro gestiegen war, ergab die Prä-
mie nur mehr einen Zinssatz von 4,3 Pro-
zent. Denn die staatliche Prämie blieb ja
gleich hoch bei 90 Euro. Dennoch warben
die Banken mit 9 Prozent. Der Slogan da-
zu: „Üben Sie schon mal, reich zu sein.“
Die Realität sah anders aus: Nach zehn
Jahren wäre der garantierte Zinssatz bei
nur mehr 0,8 Prozent. Mit einem Sparbuch
mit einem fixen Zinssatz von 2 Prozent, wie
es damals noch zu haben war, wäre man
also deutlich besser gefahren. Doch das
wusste nicht einmal ein Großteil der Bank-
beraterInnen, wie eine Untersuchung mit
Test-KundInnen ergab. Drei von zehn Be-
raterInnen saßen sogar selbst dem Wer-
beschmäh auf und dachten, dass die
staatliche Prämie eine Verzinsung von 9
Prozent über die gesamte Laufzeit garan-
tiere. Aber auch jene, die es besser wuss-
ten, versuchten die KundInnen zum Ab-
schluss dieser Modelle zu überreden. Der
Reiz der Provision war wohl attraktiver als
die ganze Wahrheit.
■
K. NAGELE, C. RESEI
keiten lernen“, fordert der Psychologe
Gerd Gigerenzer, Direktor am Berliner
Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.
Wie Humbug zu durchschauen ist, erklärt
Bildungswissenschaftler Gigerenzer ge-
meinsam mit den Universitätsprofessoren
Walter Krämer und Thomas K. Bauer auf
. Die „Unstatistik des
Monats“ gibt oft haarsträubende
Beispiele von kreativen Auslas-
sungen und Auslegungen.
Nobel verschwiegen
Dabei ist es meist gar nicht not-
wendig, zu lügen. Es reicht, Fakten
unter den Tisch fallen zu lassen, die
das eigene Argument nicht stüt-
zen. Der katholische Famili-
enverband etwa beklagte
diesen Frühsommer einen
Wertverlust der Familien-
beihilfe um 35 Prozent seit
dem Jahr 2000. „Überse-
Private Pensionsvorsorge nach zehn Jahren:
Das Sparbuch hätte mehr gebracht
Psychologe Gerd Gigerenzer
und seine Kollegen klären
auf
auf
Foto: picturedesk.com / First Look / Günther Pichlkostner
Zinssatz nach zehn Jahren
Pensionsvorsorge
1 % 2 %
Sparbuch
fester Zinssatz
0,8 %
2 %
Statistiken, auf die Sie sich verlassen können,
finden Sie hier:
Wirtschafts- und Sozialstatistisches
Taschenbuch
.
Die jährlich aktualisierte Fassung
gibt es online unter
statistik.arbeiterkammer.at.