Noch Fragen?
wien.arbeiterkammer.at
AK FÜR SIE 02/2015
29
und zu höherer Risikobereitschaft verleitet
als TestkandidatInnen in Europa.
Medikamententests an Menschen in
Wien werden dagegen streng kontrolliert.
Prof. Dr. Ernst Singer ist Vorsitzender der
Ethikkommission der MedUni Wien: „Wir
achten sehr darauf, dass die Rechte der
Testpersonen gewahrt bleiben, besonders
darauf, wie sie aufgeklärt werden.“
Jedes der zirka 1000 Forschungspro-
jekte, die pro Jahr an der MedUni und am
AKH durchgeführt werden, muss deshalb
erst von den über 100 Mitgliedern der
Ethikkommission beurteilt und bewilligt
werden. Dank dieser strengen Bestimmun-
gen ist es für PatientInnen sogar ein Vorteil,
an klinischen Studien teilzunehmen, meint
Prof. Singer. „Diese Tests sind von sehr vie-
len Fachleuten vorab geprüft worden.“
Versuchskaninchen?
David Heuser nimmt seit zwei Jahren an
Medikamentenstudien teil. Er hat von
Wundsalben bis zu Gerinnungshemmern
schon vieles an sich testen lassen. „Ange-
fangen habe ich, weil ich wegen einer
Mieterhöhung schnell Geld gebraucht ha-
be“, erzählt er. Wie ein Versuchskaninchen
fühlt er sich dabei dennoch nicht: „Ich ver-
traue den Ärzten und dem Pflegepersonal
Foto: picturedesk.com / vario images / Maximilian Stock
Vom Wirkstoff zum Medikament
Bis zu 15 Jahre vom Labor in die Apotheke:
So lange dauert es, bis die Sicherheit und die
Wirksamkeit eines Medikaments bewiesen sind.
Bevor ein Wirkstoff an Menschen getestet wird,
wird er lange im Labor geprüft.
Erst wenn die Sicherheit für den Menschen
so gut wie möglich vorab geklärt ist, geht es
in die „klinische Phase“: An immer größeren Freiwilligengruppen von gesunden Testpersonen und
später auch an PatientInnen wird getestet, wie und wo das Arzneimittel wirkt, wie verträglich es ist
und welche Dosis passt.
An der letzten Phase
, der Zulassungsstudie, nehmen bis zu mehrere tausend PatientInnen teil.
Die Kontrolle der Tests
übernehmen die nationalen Arzneimittelbehörden, in Österreich ist das
die AGES. Sie prüft weltweit in Stichproben und auf Verdacht klinische Forschungseinrichtungen.
Die Zulassungsbehörde
verlangt üblicherweise mehrere Zulassungsstudien und bewertet ihre
Ergebnisse. Auch nach der Zulassung werden oft weitere Studien durchgeführt. Außerdem
überwacht die Arzneimittelbehörde auftretende Nebenwirkungen.
Rund 15 Jahre kann es dauern, bis ein neues Medikament in die Apotheke kommt. Bevor es
an Menschen getestet wird, gibt es umfangreiche Laboruntersuchungen
und ich weiß, dass die Tests sinnvoll sind.“
Auch eigenes naturwissenschaftliches In-
teresse treibt den Geologie-Studenten:
„Es ist einfach spannend, zu beobachten,
wie der Körper reagiert.“
Zumindest in Europa gibt es bald mehr
Transparenz: Studien, deren Ergebnisse
nicht im Interesse der Pharmafirmen sind,
können bisher wieder in den Schubladen
der Pharmafirmen verschwinden, ohne be-
kannt zu werden. Das wird sich bald än-
dern: Über ein europäisches Studienregis-
ter können dann Fachleute und die
interessierte Öffentlichkeit auf alle Studien
über Medikamentenwirksamkeit in Europa
zugreifen und sich so leichter einen Über-
blick über den aktuellen Forschungsstand
verschaffen.
HANNAH KRUMSCHNABEL
1...,19,20,21,22,23,24,25,26,27,28 30,31,32