*Mag. Werner Hochreiter
ist Jurist und Mitarbeiter der
Abteilung Umwelt & Verkehr in
der AK Wien.
egelmäßig appelliert die Plattform „Stopp dem illega-
len Abfallexport“ an Konsumenten und Bürger, aus-
gedienten Altwaren nicht an die „illegalen Kleinma-
schinenbrigaden aus dem Osten“ zu übergeben. Das sei illegal
und strafbar, schade Kommunen und Entsorgern und bewirke
einen volkswirtschaftlichen Schaden von zehn Millionen Euro
jährlich. Österreich verliere wertvolle Rohstoffe und es schade
der Umwelt. Bemerkenswert ist die steiermärkische Landesre-
gierung, die auf Flugblätter in allen Landessprachen die Praxis
der informellen Sammlungen pauschal als illegal denunziert.
Kommunikativer und juristischer Overkill! Peinliche Auf-
geregtheit. Die informellen Sammlungen als Konkurrenz für
die Entsorger?Absurd sind die behaupteten Schäden: Aufmerk-
same Bürger haben schon gefragt, warum sie überhaupt noch
Müllgebühren zahlen sollen, wenn Sperrmüll so wertvoll ist.
Unredlich sind auch die juristischen Auskünfte, weil sie den
springenden Punkt verschweigen: Illegalität beginnt erst dort,
wo Gegenstände Abfall werden. Das ist aber solange nicht ge-
geben, wie sie noch funktionsfähig und von jemandem gewollt
sind, um sie weiterzuverwenden. Der Unabhängige Verwal-
tungssenat (UVS) Steiermark hat die gegen eine Dame ver-
hängte Strafe, weil sie ihr Kinderbett vor dem Grazer Bauhof
an eine ungarische Familie übergeben hat, ersatzlos aufgeho-
ben, weil das Bett völlig intakt und kein Abfall war. Dennoch
informiert die Landesregierung so undifferenziert wie zuvor.
Die Plattform ist aus Opposition gegen das EU-Forschungs-
projekt „Transwaste“ entstanden. DieUniversität für Bodenkul-
tur wollte mit ausländischen Partnern die informellen Samm-
lungen in Mittel- und Osteuropa untersuchen. Mag sein, dass
die ersten Lösungsvorschläge nicht zielführend waren. Doch
die Untersuchungen haben die Buntheit der Wirklichkeit und
mögliche Verbesserungen aufgezeigt. Überwiegend sind es Fa-
milien, die einmal pro Woche ihr Leben damit aufbessern, dass
sie funktionstaugliche Gegenstände für sich sammeln oder um
sie auf Flohmärkten, z.B. in Ungarn, weiterzuverkaufen. Alt-
metalle sind nur selten erwünscht, weil die Erlöse kaum lohnen.
Übrigens sind 20 Prozent der Sammler ÖsterreicherInnen!
Chauvinistische ausländerfeindliche Negativrhetorik ist da
nicht gefragt. Die kommunale Abfallwirtschaft soll endlich flä-
chendeckend etwas für die Förderung der Wiederverwendung
(ReUse) tun, sowie das die EU-Abfallrichtlinie fordert. Fakt ist,
dass Gegenstände immer öfter weggegeben werden, obwohl sie
noch nicht kaputt sind. Viele Menschen wollen, dass die Chan-
ce auf ein zweites Leben gewahrt ist. Damit lässt man sie aber
bislang alleine. Der Sperrmüllcontainer mit Strafandrohung ist
da keine Antwort.
Es gibt erst sehr wenige Angebote wie etwa die ReVital-
Märkte in OÖ oder den 48er-Basar in Wien. Auch diese sollten
noch um niederschwelligere Angebote ergänzt werden. Nicht
jeder, der sich eine alte Kaffeemaschine holt, braucht eine Ge-
währleistungszusage. Der gerade arbeitslos gewordene 50-jäh-
rige Akademiker braucht anderes als ein langjähriger Obdach-
loser. Bedürfnisgerechtere Angebote braucht es auch hier, wo
offenkundig Menschen betroffen sind, die im sozialen Rang
weit unten an der Armutsgrenze stehen.
Mag. Werner Hochreiter *
verse
Wirtschaft & Umwelt 4/2014
Seite 33
gegen Mülldiebe
R
CON
Wann kommt endlich ein flächendeckendes Angebot der
Kommunen für die Förderung der Wiederverwendung?
Unabhängiger Verwaltungssenat (UVS)
Gegründet 1988, wies der UVS eine gerichtsähnliche Unabhängigkeit auf und
waren – anders als Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof – zur umfassenden
Nachprüfung eines Bescheids berechtigt. Mit der Verwaltungsgerichtsbarkeitsno-
velle 2012 wurden die UVS aufgelöst und per 1. Jänner 2014 durch die Landes-
verwaltungsgerichte ersetzt.
Es braucht bedürfnisgerechte
Angebote
FOTOS: Schuh (1)