Schwerpunkt
Fotos: Eva Maria Leodolter
Wirtschaft & Umwelt 4/2014
Seite 23
wenige Kilogramm Lebensmittel 1.500
Kilogramm Auto bewegt werden. Alles
zusammengerechnet, setzen Menschen
in Europa allein durch die Ernährung
stolze zwei Tonnen CO
2
-Äquivalente
Treibhausgase pro Jahr frei. Um das in
Relation zu setzen: Insgesamt – also für
alle Bereiche unseres Lebens samt Mo-
bilität, Wohnen und Konsum anderer
Güter – benötigt ein Österreicher pro
Jahr ca. zehn Tonnen CO
2
-Äquivalente.
Oder, um in Bildern zu sprechen: Die
Emissionen unseres durchschnittlichen
Jahresfleischkonsums kann man mit
den Emissionen einer 1.900 km langen
Autofahrt vergleichen. Das entspricht
ungefähr einer Strecke von Wien nach
Moskau. Und dabei sind hier bis jetzt
nur die direkten Treibhausgasemissio-
nen eingerechnet.
Je mehr Nahrungsmittel benötigt
werden, desto mehr Ackerland wird ge-
braucht. Wie bereits dargelegt, werden
dafür nicht selten Regenwälder oder
andere artenreiche Lebensräume zer-
stört. Die Emissionen, die durch diese
Landnutzungsänderung ausgestoßen
werden, erhöhen die Klimabelastung
um ein Vielfaches, weil der in der Bio-
masse gebundene Kohlenstoff als CO
2
in die Atmosphäre entweicht. Experten-
meinungen zufolge machen die Emissi-
onen, die durch Landkonversionen ent-
stehen, immerhin zehn bis zwölf Prozent
der globalen Treibhausgas-Emissionen
aus. Sehr kleine Änderungen in unseren
Ernährungsgewohnheiten, etwa die Zu-
nahme des Fleischkonsums um ein paar
Kilo mehr pro Kopf und Jahr, kann so
dazu führen, dass am anderen Ende der
Welt Wald gerodet und neue landwirt-
schaftliche Flächen erschlossen werden
müssen.
Heißt das nun, dass wir uns vom
Schnitzel verabschieden müssen und
uns künftig von Karotten und Erbsen
ernähren sollen? Diktierter Vegetaris-
mus? Die Antwort: Nein. Es geht nicht
darum, dem Fleisch völlig den Rücken
zuzukehren, sondern es weniger und be-
wusster zu konsumieren. Immerhin es-
sen wir heutzutage ungefähr viermal so
viel Fleisch wie noch 1850 oder doppelt
so viel wie vor 100 Jahren. Heute kaum
mehr zu glauben: Noch vor 160 Jahren
lag der Verzehr von Fleisch und Hül-
senfrüchten gleichauf. Mittlerweile es-
sen wir ungefähr 150-mal mehr Fleisch
als Bohnen, Linsen & Co.
Qualität statt quantität
Deswegen ist die Devise Qualität
statt Quantität: Einmal weniger zum
Steak greifen und sich dafür das Biorind
aus der Region gönnen statt Massenwa-
re aus Argentinien. Das gilt auch für
Schweinernes: ein Kilogramm Deme-
ter-Schwein schlägt klimabilanzmäßig
nur noch mit 1,5kg CO
2
-Äquivalenten
zu Buche – das entspricht etwa der Hälf-
te eines konventionellen Produkts.
Studien zeigen, dass bereits ein
fleischloser Tag pro Woche massive
Auswirkungen hätte. Um wieder den
Vergleich mit demAuto zu strapazieren:
Eine vierköpfige Familie müsste auf ins-
gesamt 3.600 km Autofahrt verzichten,
wollte sie den gleichen Klimaeffekt er-
zielen, wie ihn ein fleischfreier Wochen-
tag hätte.
Und nicht nur die Umwelt, sondern
auch unsere Gesundheit wird es uns
letztendlich danken. So rät das Bun-
Konsumverhalten
Die Langfassungen der WWF Deutschland-Studien
zum Thema Fleisch sind zu finden unter:
.
de/themen-projekte/landwirtschaft/ernaehrung-
konsum/fleisch/fleisch-frisst-land/
Orientierungshilfe
Generell gilt beim Einkauf der Leitsatz: „fair
trade - regional - saisonal - bio“ als Orientie-
rungshilfe Weiterführende Konsumtipps – auch
zu Fisch und Sushi – gibt es unter: wwf.at/de/
lebensmittel/
Markttransformation
TEDx Talk mit Jason Clay vom WWF US über
die Risiken des gegenwärtigen, nicht nach-
haltigen Kosumverhaltens und darüber, wie
man Märkte transformiert:
watch?v=IDgr2qaCgXI
Einmal weniger Fleisch pro
Woche: Selbst kleine Veränderungen
wie ein fleischfreier Wochentag
tragen zum Klimaschutz und zur Be-
wahrung einzigartiger Lebensräume
bei.
Kleinere Portionen kaufen: Durch
den Kauf von eher kleineren Fleisch-
portionen sinkt die Wahrscheinlich-
keit, dass man das Fleisch nicht
verwertet und deswegen wegwerfen
muss.
Kreative Resteverwertung: Auch
auf den ersten Blick ungenießbare
Fleischstücke und Reste wie Hühner-
knochen oder Fett lassen sich noch
verwerten. Hühnerknochen beispiels-
weise kann man in einer Bouillon
verwerten und Fett ganz einfach zum
Anbraten von Fleisch verwenden.
Fleisch aus artgerechter und
nachhaltiger Haltung: Empfehlens-
wert sind Produkte, die nach den
Kriterien des EU-Biosiegels oder Bio
Austria hergestellt wurden, sowie
„Weidefleisch“, das von Tieren
stammt, die ganzjährig auf der Weide
stehen.
Tipps
Für den bewussteren Fleischverzehr
Die Emissionen unseres durchschnittlichen
Jahresfleischkonsums entsprechen denen
einer 1.900 km langen Autofahrt.
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