desministerium für Gesundheit in sei-
ner Ernährungsempfehlung zu 300 bis
450 Gramm fettarmem Fleisch oder
Wurst pro Woche. Nimmt man den
durchschnittlichen Fleischverzehr in
Österreich als Basis, essen wir fast das
Dreifache der empfohlenen Menge.
Eine Reduktion wäre also für die Um-
welt ein Vorteil und für den Menschen
gesund.
Gesunde
Ressourcenschonung
Neben der Rückkehr zum Schnitzel
als Sonntagsessen bringt eine andere
Verhaltensänderung auch enormes Po-
tenzial bezüglich Ressourcenschonung:
Weniger Lebensmittel wegwerfen! Die
Fakten dazu sprechen für sich selbst:
Die Lebensmittelverschwendung trägt
weltweit dreimal so viel zum Klima-
wandel bei wie der Luftverkehr. Laut
Zahlen der Welternährungsorganisation
aus 2011 geht etwa ein Drittel der Le-
bensmittelproduktion „verloren“. Und
obwohl Fleisch relativ gesehen weniger
weggeworfen wird als beispielsweise
Obst, Gemüse oder Backwaren, ist es
hier aufgrund der Ressourcenintensität
besonders „verschwendet“. Werfen wir
ein Steak (200g) weg, verschwenden wir
eine Ackerfläche, auf der 27 kg Kartof-
feln hätten angebaut werden können –
ganz zu schweigen von Energie, Land,
Wasser und Futtermitteln, die umsonst
eingesetzt wurden.
Ein bisschen weniger und ein
bisschen bewusster – vielleicht einmal
mehr zu Gemüse und Obst greifen – da-
mit wäre schon viel erreicht. Eine ge-
sunde, fleischarme Ernährung ist gut
fürs Wohlbefinden und das Klima. Von
den fünf Portionen, die als Ernährungs-
empfehlung gelten, sind die meisten
von uns – wenn wir ehrlich sind – doch
noch ein bisschen entfernt. Wer die Um-
welt schonen will, setzt am besten auf
regional-saisonal-biologische Erzeug-
nisse, egal ob bei Fleisch, Obst oder
Gemüse. Biologische Landwirtschaft
reduziert die Treibhausgasemissionen,
mit weniger Fleischkonsum kann man
überdies die Klimabelastung schnell
verringern. Das stärkt die heimische
Regionalwirtschaft, erhält und schafft
Arbeitsplätze.
£
Schwerpunkt
Seite 24
Wirtschaft & Umwelt 4/2014
Interview folgt
*
Dipl.-Ing. Reinhard Geßl
ist Mitarbeiter
beim Forschungsinstitut für biologischen
Landbau (FiBL Österreich), zuständig für
KonsumentInnen-Information und Tierhaltung.
,
Bedingt der Fleischkonsum die
Intensivlandwirtschaft?
Geßl:
Fleischkonsum bedingt eine
landwirtschaftliche Nutztierhaltung,
bzw. umgekehrt. Nutztierhaltung
muss man sich als einen Deal zwi-
schen diesen und den BäuerInnen
vorstellen: für unseren Genuss
schenken wir den Tieren das
Leben, als Gegenleistung dürfen
diese von uns eine artgemäße
Tierhaltung verlangen. Im Sinne
einer globalen Glücksbilanz ist
Nutztierhaltung nur dann zulässig,
wenn die Bilanz positiv ist. In der
Realität führt unser hoher Fleisch-
konsum aber zum Gegenteil: um
den enormen Fleischhunger stillen
zu können, muss die Produktion
immer billiger und damit schlechter
werden. Die Mindesthaltungsbe-
dingungen, die im Tierschutzgesetz
festgelegt sind, sollen Tierleid
verhindern. Tiergerecht oder gar
die Umsetzung einer Idylle spielt
es aber bei diesen Fleischbergen
nicht.
Ist Fleischproduktion ohne
Antibiotika- und Hormoneinsatz
möglich? Gibt es eine kritische
Tiermedizin?
Geßl:
Selbstverständlich kann eine
moderne Tierhaltung ohne Me-
dikamenteneinsatz auskommen.
Hormon- und Antibiotikagaben
zur Leistungssteigerung sind in
der EU grundsätzlich verboten.
Sehr wohl werden aber bei den
häufig auftretenden Gesundheits-
problemen bei Fleischtieren vom
Tierarzt Antibiotika verschrieben.
Die Mengen der in der EU einge-
setzten Veterinärantibiotika sind
jedenfalls besorgniserregend hoch.
Kritische TiermedizinerInnen gibt
es, sie werden überwiegend von
Bio-BäuerInnen für die selten aber
doch notwendigen Behandlungen
im Betrieb angefordert.
Wie steht es um das Tierwohl in
der Bio-Landwirtschaft?
Geßl:
Die Bio-Tierhaltung wird über
die EU-VO 834/2007 einheitlich
geregelt und jährlich kontrolliert.
Die Vorschriften sind nach Erkennt-
nissen der Nutztierverhaltensfor-
schung ausgearbeitet und garantie-
ren weitgehend tiergerechte Bedin-
gungen. Nicht garantieren kann sie
allerdings idyllisierte Bilderbuchvor-
stellungen. So gibt es auch in der
Bio-Tierhaltung Teilbereiche, die
noch Entwicklungsspielraum nach
oben lassen. Zum Beispiel dürfen
Rinder und Ziegen noch enthornt
werden. Die Bio-Landwirtschaft
arbeitet aber an guten Lösungen für
diese „Baustellen“.
Warum werden Bio-Fleischpro-
dukte so wenig nachgefragt?
Geßl:
Die Nachfrage nach Bio-
Fleisch ist ob der doch deutlichen
Preisdifferenz nach wie vor
bescheiden. Wenn sich alle Men-
schen, die sich am Stammtisch
über die ach so argen Tierhaltungs-
bedingungen aufregen, konse-
quent, also zu Hause, im Gasthaus
und in der Betriebskantine für
Biofleisch und -wurst entscheiden,
dann wäre schon viel gewonnen.
Interview mit Reinhard GeSSl von Fibl
Wieviel Fleisch verträgt die Welt?
Fleischkonsum wird oft mit ungesunder Ernährung, Intensivland-
wirtschaft mit Tierleid in Zusammenhang gebracht. Wie muss eine
Fleischproduktion erfolgen, die Gesundheit und artgerechte Tiehal-
tung unterstützt?
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