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wien.arbeiterkammer.at/meinestadt

AK Stadt · Seite 12

Veronika Kronberger

ist Vorsitzende der

Plattform Generation

Praktikum, studiert Kultur-

und Sozialanthropologie

und ist seit 2014 in der

GPA-djp tätig

GENERATION PRAKTIKUM

Nicht länger fette Firmen-Beute

Auf der Internetplattform watchlist-praktikum.at können PraktikantInnen

Ungerechtigkeiten melden und sich zur Wehr setzen. All zu oft entpuppt sich

ein Praktikum als verstecktes Arbeitsverhältnis.

Von Veronika Kronberger

überbrücken. Zwei Monate wurde gearbei-

tet, bezahlt wurde die Lehrlingsentschädi-

gung für einen Monat.

Erbärmlich hat sich ein Telefonanbieter

verhalten: Ein Student nahm das Angebot

eines Telefonanbieters an, ein Praktikum zu

absolvieren und dabei gleichzeitig für seine

Masterarbeit zu forschen. Am Ende hat der

junge Mann 24 Monate – je 30 Stunden pro

Woche – an der Netzerweiterung des Telefo-

nanbieters gearbeitet, konnte nicht forschen

und erhielt gar kein Geld.

PraktikantInnen als volle Arbeitskraft

Es gibt sogar Unternehmen, die ganze Ab-

teilungen auf PraktikantInnen-Basis führen.

Rund zehn PraktikantInnen werden parallel

von einem Verlag beschäftigt. Sie alle haben

bereits erste einschlägige Erfahrungen auf-

zuweisen, müssen Publizistik studieren oder

das Studium bereits abgeschlossen haben.

Der Vorteil: Die Firma muss diese Arbeits-

kräfte nicht mehr ausbilden. Täglich sollen

mindestens zwei Artikel verfasst werden

– die Texte werden nicht korrigiert, sondern

sofort verwertet und das Magazin fast aus-

schließlich von den Jungen produziert. Alle

sechs Monate wird ein PraktikantInnen-

à

Fotos:PeterAnzböck/AKWien (1),©olly (1),©badahos (1),©MaurizioMilanese (1)– fotolia.de

Zusammengefasst

Viele junge Menschen wol-

len mit ihrem Praktikum erste

Berufserfahrung sammeln oder

ihre Ausbildung ergänzen. Doch

zu häufig gelten PraktikantIn-

nen als günstige Arbeitskräfte.

Unregelmäßigkeiten können

nun der watchlist-praktikum.at

gemeldet werden. Erhärtet sich

der Verdacht, wird das Arbeits-

verhältnis von der Gebietskran-

kenkasse geprüft. Ansprüche

können dann nachgefordert

werden.

E

in Praktikum soll meist die Türe zum Ar-

beitsmarkt öffnen. Nicht immer klappt

das nach Wunsch. Viele junge Menschen

stecken in prekären Verhältnissen fest. Der

Studie „Junge Menschen in Wien, Beschäf-

tigung-Wohnen-Leben in Wien“ nach leben

beinahe ein Drittel der Wiener Jugendlichen

und jungen Erwachsenen an bzw. unter

der Armutsgefährdungsschwelle. Von sich

aus sagt etwa ein Fünftel, schlecht mit dem

Haushaltseinkommen durchzukommen.

Im Juli 2014 startete watchlist-praktikum.

at, eine Online-Plattform der GPA-djp. Hier

können PraktikantInnen, die nicht korrekt

behandelt wurden, kein oder zu wenig Geld

erhielten, anonym ihre ArbeitgeberInnen

melden. Die Resonanz bestätigt den Hand-

lungsbedarf – bereits in den ersten Monaten

wurden mehr als 60.000 Klicks registriert,

rund 200 konkrete Meldungen gingen ein.

PraktikantInnen werden offenbar in allen

Branchen als günstige Ersatzkräfte ausge-

nutzt. Ob Hotel, Telefonanbieter oder Ver-

lag – drei von vielen Beispielen zeigen, wie

einfach es sich die Unternehmen mit jungen

Menschen machen.

PraktikantInnen als Billigkräfte

Vier junge Erwachsene absolvierten ein ein-

monatiges „Schnupperpraktikum“ im Ser-

vice eines Hotels, für die Zeit danach wurde

ihnen eine Lehrausbildung versprochen. Mit

1.12.2014 begann auch die Lehrzeit, doch

kurz vor Ende des Monats wurden sie alle

gekündigt – damit konnte das betreffende

Hotel erfolgreich sein Weihnachtsgeschäft

Thema

JUNG IN WIEN

Atypisch Beschäftigte

Nicht nur das Praktikum kann prekär sein. Mehr

als 30 Prozent der unselbstständig Erwerbstäti-

gen arbeiten entweder Teilzeit, geringfügig,

befristet, als überlassene ArbeitnehmerInnen

oder als Freie DienstnehmerInnen.

30 Prozent

Was gilt beim Praktikum?

Knapp 182.000 SchülerInnen

müssen pro Jahr ein

Praktikum absolvieren. Die AK

Broschüre Pflichtpraktikum

klärt über die wichtigsten

Regelungen für Schule,

ArbeitgeberInnen und Prakti-

kantInnen auf. Download unter

http://wien.arbeiterkammer.at/

service/broschueren/Bildung/