

Noch Fragen?
wien.arbeiterkammer.atAK FÜR SIE 07–08/2015
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– und das, obwohl es bei der längsten Vari-
ante in Summe bis zu 2.800 Euro mehr gibt.
Die Shell-Projektmanagerin Ulrike
Mairhofer erklärt aus eigener Erfahrung,
warum die kürzere Variante sinnvoll sein
kann. Sie blieb mit ihrem Sohn die ersten
acht Monate in Karenz, dann blieb ihr
Mann sechs Monate beim Kleinen. „Für
uns war das nicht nur finanziell die sinn-
vollste Variante. Je kürzer man weg ist,
desto leichter ist der Wiedereinstieg“, so
Ulrike Mairhofer.
AlleinerzieherInnen unter Druck
Mehr Probleme mit dem raschen Wieder-
einstieg haben AlleinerzieherInnen. Sie
nutzen häufiger die längste Variante des
Kinderbetreuungsgelds, also zweieinhalb
Jahre ohne partnerschaftliche Beteiligung.
Dabei müssen sie vielfach auf Kündi-
gungsschutz verzichten. Ein Recht auf El-
ternkarenz besteht nur bis zum zweiten
Geburtstag des Kindes.
So ist das auch bei Andrea. Wenn sie
einmal länger arbeiten muss, holen die
Großeltern Lea vom Kindergarten ab. Au-
sserdem passen Freunde immer wieder auf
die heute Sechsjährige auf: „Ohne dieses
Netz hätte ich nicht wieder arbeiten können.“
Die gelernte Verkäuferin machte wäh-
rend der Karenz eine Ausbildung zur Ordi-
nationsassistentin. Die Kleine startete
damals mit dem Kindergarten. Doch der
Umstieg erwies sich als schwer. Andrea
kehrte daher in den Einzelhandel zurück
und arbeitet nun 25 Stunden die Woche.
Die Kinderbetreuung muss gut geplant
werden, denn wenn auch Chefin und Kolle-
gInnen sehr verständnisvoll sind, dauern ei-
nige Dienste länger, als die Kindergärten
geöffnet sind. „Ich hätte mir flexiblere Kin-
dergartenzeiten gewünscht“, sagt Andrea.
Zu Hause zu bleiben war für sie, nicht nur
aus finanziellen Gründen, keine Option. „Ich
wollte unbedingt wieder arbeiten. Ich brau-
che auch den Austausch unter Erwachse-
nen“, sagt die Wienerin.
n
SANDRA KNOPP
„Am Vormittag war ich oft mit dem Klei-
nen unterwegs. Zu Mittag musste aber
das Essen auf dem Tisch stehen, wenn
der Große von der Schule heimgekommen
ist“, blickt Wolfram zurück. Die Karenzzeit
hat seine Berufslaufbahn verändert. Heute
arbeitet er als Kindergartenpädagoge.
Schnell zurück
Seit 2008 können sich Eltern mit Kindern
entscheiden: Nehmen sie für kürzere Zeit
monatlich höheres Kinderbetreuungsgeld in
Anspruch – oder weniger Geld pro Monat
bei längerer Laufzeit. Beinahe zwei Drittel
der vorher berufstätigen Frauen, die 2012
ein Kind zur Welt gebracht haben, haben
sich für eine kürzere Variante entschieden
Links: Vater Wolfram mit Sohn Emil unterwegs
in den Kindergarten. Oben: Die komplette
Familie auf der Wohnzimmercouch. Mutter
Eva konnte rasch wieder einsteigen, weil auch
Wolfram in Karenz ging
Alleinerzieherin Andrea mit Tochter Lea: „Hätte
mir flexiblere Kindergartenzeiten gewünscht“