

22
AK FÜR SIE 06/15
Bildung
Immer mehr Familien müssen für Nachhilfe
zahlen. Es geht auch anders, zeigen Ganztags-
schulen und Gratis-Nachhilfe in Wien.
Schluss mit
teurer Nachhilfe
Fotos: Thomas Lehmann
Quelle: Ifes Befragung unter gut 3.300 Familien, März/April 2015
D
as ist Stress im Wohnzimmer:
230.000 Schulkinder öster-
reichweit brauchen heuer Nach-
hilfe – um 20.000 mehr als vo-
riges Jahr. 119 Millionen Euro
zahlen die Eltern für Nachhilfe – um zehn
Millionen Euro mehr als voriges Jahr.
Gleichzeitig werden drei
Viertel aller Eltern unfreiwil-
lige NachhilfelehrerInnen,
lernen nach der Arbeit da-
heim mit den Kindern. Die-
se Zahlen aus der AK
Nachhilfe-Studie 2015 zei-
gen, dass unsere Schule
viele Eltern viel Geld und
jede Menge Nerven kostet.
Üben in der Schule
Nikola, Ezgi und Veli tauchen in der Nachhil-
fe-Statistik nicht auf. Von allen drei Teen-
agern hört man, dass sie kaum zu Hause
oder mit ihren Eltern lernen. „Zumindest die
schwierigen Aufgaben erledigen wir in der
Schule, weil wir dort Lehrer und Lerntrainer
fragen können“, sind sie sich einig. Die drei
gehen in eine erste Klasse der Handelsaka-
demie des BFI in der Margaretenstraße im
fünften Bezirk, die als Ganztagsschule mit
verschränktem Unterricht geführt wird.
Das heißt, dass die Un-
terrichtsstunden zwischen
8.25 und 16.40 Uhr über
den ganzen Tag verteilt sind.
Dazwischen gibt es eine
Lern- und Hausübungsstun-
de. Dazu kommen Förder-
kurse in Deutsch oder Ma-
thematik, Turnstunden und
Nachmittage mit kreativen
oder naturwissenschaftli-
chen Schwerpunkten – vom
Werkunterricht bis zum Besuch einer Aus-
stellung.
Gerade die tägliche Lernstunde trägt
dazu bei, die Eltern zu entlasten. Hier wer-
den nicht nur Hausübungen gemacht, son-
dern auch der Stoff wiederholt, Vokabel
geprüft oder Aufsätze korrigiert. Dass das
alles so gut klappt, ist unter anderem Ay e
Çali kan und Emira Ahmedoska zu verdan-
ken. Früher gingen die beiden selbst hier
zur Schule, heute studieren sie Jus und
BWL. Jetzt betreuen sie als Lerntrainerin-
nen gemeinsam mit den LehrerInnen die
SchülerInnen während der Lernstunden –
eine Besonderheit der BFI-Schule.
„Wir sind auch für Probleme abseits
der Hausübungen zuständig. Wenn ir-
gendwas nicht passt, können sie zu uns
kommen“, beschreibt Ay e ihre Rolle, die
auch eine Vermittlerposition zwischen
SchülerInnen und LehrerInnen hat.
Eltern entlastet
„Sie erklären uns alles noch einmal von
Anfang an“, sagt Veli, der mit seinen Noten
recht zufrieden ist. Nikola erzählt, dass er
in seiner alten Schule Nachhilfestunden
genommen habe. Jetzt sei das nicht mehr
nötig. Die AK Studie belegt, dass er keine
Ausnahme ist: In Ganztagsschulen lernen
nur noch 24 Prozent der Eltern täglich mit
„Die schwierigen
Aufgaben erledigen
wir in der Schule,
weil wir Lehrer und
Lerntrainer fragen
können.“
Nikola, Ezgi
und
Veli
sind
zufrieden mit dem Unterricht in
der Ganztags-HAK
1000
900
800
700
600
500
400
300
200
100
0
VS
Volksschule
HS
Hauptschule
NMS
Neue Mittelschule
GU
Gymnasium Unterstufe
GO
Gymnasium Oberstufe
BMHS
Berufsbildende Schulen
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
Nachhilfe: Belastung in Zahlen
Jahresausgaben pro Kind
mit Nachhilfe, in Euro
Anteil der Eltern, die mit
dem Kind lernen, in Prozent
VS
VS
HS
HS
NMS
NMS
GU
GU
GO
GO
BMHS
BMHS
597
89
Durchschnitt 657,– Euro
Durchschnitt 74 %
460
72
620
81
608
79
849
40
645
35
€
%