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wien.arbeiterkammer.atAK FÜR SIE 05/2017
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Billigfirmen bringen regulär Beschäftigte am
Bau unter Druck. AK Ermittler Albert Stranzl
(links) informiert sich bei Polier Klaus
Hettlinger über die Lage
Fotos: Christian Fischer
Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen,
zweitens werden die ArbeitnehmerInnen
– wenn überhaupt – im Ausland oft nur ge-
ringfügig angemeldet. Dass da ein öster-
reichisches Unternehmen preislich nicht
mithalten kann, ist klar.
Unter Kollektivvertrag
Viele ausländische Firmen zahlen auch
nicht nach österreichischem Kollektivver-
trag. Albert Stranzl ermittelt in solchen Fäl-
len für die AK: „Sie versprechen den Leu-
ten, dass sie das Doppelte wie daheim
erhalten. Das ist oft trotzdem unter unse-
rem Kollektivvertrag. Die Firmen gehen so-
gar so weit, dass sie gegen Ende des Auf-
trags gar nicht mehr zahlen.“
Der harte Preiskampf setzt das Lohn-
gefüge in Österreich vor allem am Bau un-
ter Druck. Große, namhafte Bauunterneh-
men geben Aufträge an billigstbietende
Subunternehmen und die wieder an noch
billiger anbietende Sub-Subunternehmen.
Am Ende dieser Kette steht oft ein Anbie-
ter, der so billig kalkuliert, dass korrekte
Bezahlung gar nicht möglich ist.
„Druck ist enorm“
Polier Klaus Hettlinger kennt den Druck
auf Lohn und Arbeitsplätze nur all zu gut:
„Ständig muss ich daran denken, dass
ich beim ersten kleinen Fehler oder beim
ersten Krankenstand meinen Arbeitsplatz
verlieren könnte. Als österreichischer
Arbeitnehmer bin ich, obwohl mein Ver-
dienst in den letzten Jahren sowieso stark
gegen Druck auf Lohn und Arbeitsplätze
ihre ArbeitnehmerInnen Jobs in Österreich machen. Die AK verlangt mehr Schutz.
D
ie EU-Regeln für grenzüberschreitendes
Arbeiten sind kein Freibrief für Lohn- und
Sozialdumping“, sagt AK Präsident Rudi
Kaske. „Wir brauchen ein soziales Europa, wir
brauchen Gerechtigkeit.“ Die Arbeiterkammer hat
ein Schutzpaket geschnürt.
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Sofort muss stärker kontrolliert werden,
ob alle ArbeitnehmerInnen nach unseren
Kollektivverträgen bezahlt werden – dafür
verlangt die AK 1.000 statt derzeit 500 Kontrol-
leurInnen der Finanzpolizei. Unternehmen, die
gegen das Verbot von Lohn- und Sozialdumping
verstoßen, sollen konsequenter von der Vergabe
öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden.
Außerdem sollen öffentliche Aufträge nach
Zuschlagserteilung höchstens an einen Subunter-
nehmer weitergegeben werden dürfen.
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Nicht die billigsten,
sondern die besten
BieterInnen sollen bei öffentlichen Aufträgen
stärker zum Zug kommen als derzeit. Bei der
Vergabe von Aufträgen soll etwa stärker
berücksichtigt werden, ob eine Firma mehr ältere
ArbeitnehmerInnen beschäftigt oder Lehrlinge
ausbildet.
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Schickt eine Firma Beschäftigte
über
die Grenze, soll die Sozialversicherung nach dem
Lohn in Österreich berechnet werden müssen.
Überdies sollen so genannte Scheinentsendungen
unterbunden werden. Wer hierher zum Arbeiten
geschickt wird, soll vorher mindestens drei Mo-
nate lang beim Entsender gearbeitet haben. Ge-
ändert werden sollen die EU-Regeln beim Lkw-
Transit – für die Fahrt durch Österreich muss
auch der österreichische Lohn gezahlt werden.