

r zu mehr Lohn
…
abschlussprüfung entfällt, lediglich die
praktische Prüfung muss bei der Lehr-
lingsstelle abgelegt werden.
Für die TeilnehmerInnen ist das eine
Erleichterung, weiß Gernot Mitter, Arbeits-
marktexperte der AK Wien: „Wer sich den
außerordentlichen Lehrabschluss über das
Anerkennungssystem holt, erspart sich
Zeit, Energie und Geld. Es kommt beson-
ders denjenigen zugute, die nicht an Prü-
fungssituationen gewohnt sind.“
Das Projekt startet vorerst für Koch/
Köchin, Restaurantfachkraft und Bürokauf-
mann/-frau. Welche Kompetenzen die Teil-
nehmerInnen in Kursen erwerben müssen,
entscheidet die Berufsschule.
Job sicherer
Heike Kannegießer konnte sich das benö-
tigte Fachrechnen ersparen. Fordernd sei
die Ausbildung dennoch, sagt sie: „Ich
musste noch einiges nachholen: die gan-
zen Fleischteile und die Ernährungslehre.
Aber für mich ist der Abschluss eine Wert-
schätzung meiner Fähigkeiten. Wenn man
fast 50 Jahre alt ist, ist das gut für das Ego.“
Die Höherqualifikation durch den Lehr-
abschluss stärkt nicht nur das Selbstbe-
che ArbeitnehmerInnen sind für Unterneh-
men besonders interessant, weiß Gernot
Mitter: „Sie haben eine Berufsausbildung,
sind produktiver, müssen aber nicht auf
Basis des Branchenkollektivvertrages als
Fachkräfte bezahlt werden. Das ist durch-
aus ein Geschäft für die Arbeitgeber.“
Ähnlich erging es Karim Bloms. Nach
seiner Lehre als bautechnischer Zeichner
erkannte der 32-Jährige, dass der Beruf
doch nichts für ihn ist. Er half eine Weile in
Büros aus, bis er den Arbeitsplatz plötzlich
verlor. Über das Anerkennungssystem und
das Bildungsinstitut ZIB Training machte
er den Lehrabschluss als Bürokaufmann.
„Das schaffe ich“
„Die Arbeit im Büro ist die richtige für
mich, doch als Angelernter reicht das Geld
nicht“, sagt Karim Bloms. „Spätestens, als
ich meinen Pensionsversicherungsauszug
bekommen habe, wusste ich, dass ich et-
was tun muss.“ Etwa die Hälfte des benö-
tigten Wissens hatte er, den Rest holte er
innerhalb weniger Monate nach.
Nach den Kursen schaffte Karim Bloms
auch die praktische Prüfung, die die Lehr-
lingsstelle der Wirtschaftskammer organi-
siert: „Mit dem Lehrabschluss hoffe ich, län-
gerfristig in einer Firma bleiben zu können.“
Die Chancen dafür stehen gut: Bereits jetzt
haben ihm zwei Unternehmen eine Stelle in
Aussicht gestellt.
■
CLAUDIA GRÜNWALD
Karim Bloms im Kurs für angehende Bürokaufleute: Er arbeitete schon im Büro, bekam
deshalb die Hälfte des benötigten Wissens für den Lehrabschluss anerkannt
Fotos: Erwin Schuh
wusstsein, sondern bietet vor allem mehr
Sicherheit am Arbeitsmarkt. Die Arbeitslo-
sigkeit bei Personen, die maximal über ei-
nen Pflichtschulabschluss verfügen, ist
fast viermal so hoch wie bei Personen mit
Lehrabschluss.
Viele Menschen sind zudem trotz ab-
geschlossener Lehre in einer anderen
Branche als Angelernte angestellt – etwa
eine Friseurin, die wegen einer Allergie ih-
ren Beruf nicht mehr ausüben kann. Sol-
Noch Fragen?
wien.arbeiterkammer.atAK FÜR SIE 09/2015
15
Lehre: Das neue Wiener System
Unter dem Titel „Meine Chance – Ich kann das!“
werden in Wien Angelernten
bereits erworbene Kenntnisse für einen Lehrabschluss anerkannt.
■
Interessierte müssen über 22 Jahre alt sein
und zumindest eineinhalb Jahre im
entsprechenden Beruf gearbeitet haben, ohne aber über einen Lehrabschluss zu verfügen. Das
Projekt startet für Koch/Köchin, Restaurantfachkraft und Bürokaufmann/Bürokauffrau.
■
Arbeitslose
können sich seit Mai an das Arbeitsmarktservice wenden. Im Herbst startet das
Projekt auch für Menschen in Beschäftigung. Für sie ist der Wiener ArbeitnehmerInnen
Förderungsfonds Waff zuständig
(www.waff.at).
■
Die zuständige Berufsschule
bewertet mittels Fragebogen (keine Prüfung!), welche
theoretischen Kenntnisse des Lehrberufes vorhanden sind. Wird fehlendes Know-how in Kursen
akkreditierter Bildungseinrichtungen erworben, entfällt die theoretische Lehrabschlussprüfung.
Der Umfang der Kurse hängt von den bereits vorhandenen Qualifikationen ab.