beitet. Dabei konnte er nur Hilfstätigkeiten
ausführen, bekam aber langsam ein Gefühl
dafür, was beim Kaminbau wesentlich ist.
Daneben gab es Schulungen vom Chef und
Skripten, die er zu Hause durcharbeitete. Ein
halbes Jahr hat er sich „richtig reingekniet“,
um Ahnung vom Beruf zu haben.
Ordentliche Bezahlung
Bei den Schulungen ist Chef Yilmaz Kadir
streng, er hält sie meistens am Samstag ab.
Wer unentschuldigt nicht teilnimmt, muss
ein Essen für alle bezahlen und wer seine
Unterlagen vor Ort liegen lässt, der berappt
10 Euro. Die Bezahlung in der Firma liegt über
dem Kollektivvertrag. „Bei mir beginnt ein
Helfer mit 1600 Euro. Wenn ich sehe, dass
er sich einbringt, gibt es sechs Monate spä-
ter 50 Euro mehr. Und wenn ich das Ge­fühl
habe, er lernt, es passt und er bildet sich wei-
ter, dann gibt es jedes halbe Jahr einen 50er
mehr, bis er auf 1800 Euro kommt. Dann ist er
wahrscheinlich Partieführer, da hat er schon
mehr Verantwortung. Ab dann ist es Ver-
einbarungssache.“ Für eine Woche im Jahr
arbeitet Yilmaz Kadir selber am Bau. „Man
vergisst so schnell, was im Job wichtig ist und
braucht immer wieder eine Auffrischung.“ Er
will auch, dass in Zukunft mehrere Mitarbei-
ter für kurze Zeit den Arbeitsplatz wechseln.
„Auch die am Bau sollen einmal merken wel-
chen Stress wir im Büro haben.“ Der Druck in
der Branche ist hoch – Schwarzarbeit und
Billigkonkurrenz machen das Leben schwer.
Eigentlich müsste das Geschäft florieren:
„Die Ware kaufen wir zu Superpreisen.
Unsere Mitarbeiter leisten etwas und kön-
nen mehr, als die von anderen Firmen“, ist
Kadir sicher. Trotzdem gibt es ein Regal vol-
ler Ordner mit Kostenvoranschlägen, die es
nicht zum Auftrag schafften. „Die Auftrags-
lage scheitert nicht, weil wir nicht können,
sondern weil es immer wieder schwarze
Schafe gibt. Die machen die Arbeit um die
Hälfte.“ Yilmaz Kadir hat vor geraumer Zeit
für eine Baustelle im fünften Bezirk 95.000
Euro veranschlagt.
Hartes Geschäftsfeld
Bei Selbstkosten von 80.000 Euro ein sehr
guter Preis. Den Zuschlag bekam eine
Firma, die bloß 45.000 Euro verlangte.
Eineinhalb Jahre später rief der Bauherr
bei Kadir an und bat um Hilfe. Als Kadir an
die Baustelle kam, stand immer noch das
Baugerüst. „Die billige Firma hat einfach
die Anzahlung kassiert und war dann weg.“
Inzwischen hat sich diese Billig-Baufirma
aufgelöst, der Bauherr hat seine Anzahlung
verloren. Unternehmer Kadir ärgert sich,
dass bei vielen Kunden einfach nur der
Preis zählt: „Sie schauen nicht einmal, wie
lange es die Firma schon gibt, und ob sie
irgendwelche Referenzen hat“, beklagt er.
Kaum ein Kamin gleicht dem anderen: Yilmaz Kadir geht auf die Wünsche seiner Kunden
ein, regelmäßige Fortbildung für seine MitarbeiterInnen ist für ihn obligatorisch
AK Stadt · Seite 15
wien.arbeiterkammer.at/meinestadt
FÜR EINE WOCHE IM JAHR ARBEITET YILMAZ KADIR SELBER
AM BAU. „MAN VERGISST SO SCHNELL, WAS IM JOB WICHTIG
IST UND BRAUCHT IMMER WIEDER EINE AUFFRISCHUNG“
„Es gibt in diesem Betrieb
kein hinterrücks Reden.
Wenn es ein Problem
gibt, dann wird das sofort
ausdiskutiert!“
Thomas Osos, Kunden­
betreuer für Wien und NÖ
Aufenthaltsdauer migranti-
scher UnternehmerInnen
Die meisten migrantischen
UnternehmerInnen leben
schon seit längerer Zeit in
Österreich. Nur 10% sind im
Laufe des letzten Jahrzehnts
zugewandert. 33 Prozent
leben seit 11 bis 20 Jahren hier
und 51% sind schon seit über
21 Jahren in Österreich. Auch
Yilmaz Kadir ist vor über 20
Jahren eingewandert.
60%
40%
20%
> 10Jahre
10–20Jahre
<20Jahre
1...,5,6,7,8,9,10,11,12,13,14 16