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W I E SOL L ARBEI T ? · ABSCHLUS SBER I CHT ·

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Das österreichische System im europäischen Vergleich

Arbeiterkammer und Sozialpartnerschaft sind österreichische Speziali-

täten, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern große Vorteile

bringen. Sie sind Teil eines wirtschaftlichen und sozialen Systems,

das sich von den meisten anderen in Europa abhebt. Anders als oft

dargestellt, zeichnet es sich nicht durch eine besondere Staatszentriert-

heit aus – im Gegenteil.

Die Idee der Kammern, in denen alle An-

gehörigen einer Berufsgruppe automatisch

Mitglied sind, geht auf die Revolutionen

des 19. Jahrhunderts zurück. Arbeitnehme-

rinnen und Arbeitnehmer, Unternehmerin-

nen und Unternehmer, Ärztinnen und Ärzte

sowie Anwältinnen und Anwälte verwalten

sich in ihren jeweiligen Kammern selbst.

So sind sie politisch unabhängig vom Staat

und können ihre Interessen ihm gegenüber

auf geschlossene und dank Wahlen demo-

kratisch legitimierte Weise vertreten. Die

Kammern sind damit ein Ausdruck des Subsi-

diaritätsprinzips, wie es sich im Liberalismus

oder der katholischen Soziallehre findet.

Das österreichische System

sticht im europäischen Vergleich auf

vielen Ebenen hervor:

Sozialpartnerschaft sorgt für Wohlstand:

Österreich und EU-Länder mit vergleichbar

starker Sozialpartnerschaft erzielen ein höhe-

res Wirtschaftswachstum als andere. Die

Arbeitslosigkeit ist niedriger, die Beschäfti-

gungsquote höher. Die Löhne steigen stärker

und sind gerechter verteilt als in EU-Staaten

mit schwächerer Sozialpartnerschaft.

Mehr Gerechtigkeit:

Ohne den Sozialstaat,

für den Gewerkschaften und Arbeiterkam-

mer konsequent eintreten, wäre Österreich

eine höchst ungleiche Gesellschaft. Gehorch-

ten wir den Launen des Markts, lägen die

Einkommen des reichsten Zehntels 32-mal

so hoch wie jene des ärmsten Zehntels.

Nach Eingreifen des Sozialstaats liegt das

Verhältnis nur noch bei 1 zu 6. Doch letzt-

lich profitieren alle Einkommensgruppen

von ihm, etwa durch Kinderleistungen,

Gesundheitsversorgung oder Pensionen.

Rechnet man monetäre und Sachleistun-

gen zusammen, fließen 37 Prozent ins

ärmste, 34 Prozent ins mittlere und 29 Pro-

zent ins reichste Einkommensdrittel. Die

so erzeugte Stabilität stärkt den Standort.

Österreich liegt bei der Wirtschaftsleistung

pro Kopf auf Platz 4, beim verfügbaren

Haushaltseinkommen sogar auf Platz 2 der

EU. Wirtschaftlicher Erfolg, hohe Produktivi-

tät und gute soziale Absicherung gehen

bei uns Hand in Hand und stellen einen

gewichtigen Standortvorteil dar.

Erfolgsmodell Pflichtmitgliedschaft:

Die

gesetzliche Mitgliedschaft in der Arbei-

terkammer ermöglicht die solidarische

Finanzierung wertvoller Leistungen wie

der arbeits- und sozialrechtlichen Beratung

oder des Rechtsschutzes. Alle Mitglieder

zahlen laufend einen kleinen Beitrag ein,

damit alle geschützt sind, wenn sie es

brauchen. Zudem sprechen 3,7 Millionen

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

über ihre AK mit einer Stimme und können

ihre Interessen so besser durchsetzen als

in anderen Ländern. Die Pflichtmitglied-

schaft in der Wirtschaftskammer sorgt

dafür, dass ein weltweit einzigartig hoher

Anteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeit-

nehmer (98 Prozent) durch einen Kollektiv-

vertrag geschützt ist.

Die Arbeiterkammer als gesetzliche Ver-

tretung der Arbeitnehmerinnen und Arbeit-

nehmer bekennt sich zum österreichischen

Erfolgsmodell von Sozialstaat und Sozial-

partnerschaft. Sie gestaltet seine Weiter-

entwicklung gerne auch in Zukunft mit.