Wirtschaft & Umwelt 2/2016
Seite 9
Zulassung. Im März 2016 wurde
bekannt, dass Häusle vermut-
lich seit 2005 illegal Kunststoff-
abfälle und Problemstoffe am
Firmengelände abgelagert hat;
auf Lustenauer Riedwiesen sol-
len auch Kunststoffabfälle quasi
als Dünger aufgebracht worden
sein
(orf.at). Die behördlichen Er-
mittlungen und die Aufarbeitung
des Skandals dauern an. Mag
sein, dass das Unternehmen
kein Kandidat für einen endgül-
tigen Entzug der Zulassung ist.
Wo das angebracht wäre, sind
den Behörden aber weitgehend
die Hände gebunden.
HO
Baustoff-recycling
Reset bei Recycling-
Baustoffverordnung?
Nach bloß fünfmonatiger
Geltung der neuen Recycling-
Baustoffverordnung (RBV) ist
eine Novellierung geplant.
Das zuständige Umweltmi-
nisterium hat mit Hinweis auf
aufgetretene Vollzugsprobleme
einen Entwurf zur Begutachtung
versandt. Die AK hat den Entwurf
in Hinblick auf das Vorgehen und
die fehlenden fachlichen Begrün-
dungen abgelehnt. Zudem war
nur eine kurze Frist zur Begutach-
tung vorgesehen. Konkret wurde
der Entwurf ohne inhaltliche Er-
läuterungen versandt, was eine
neue Qualität darstellt. Es hat
auch keine Evaluation gegeben.
Offenkundig reagiert der Entwurf
auf den „Zuruf“ einiger Land-
tage, die Resolutionen gegen die
RBV beschlossen haben. Eine
inhaltliche Auseinandersetzung
mit diesen Resolutionen ist
nicht ersichtlich. Sicherlich kann
es im Rahmen eines solchen
neuen Verordnungsvorhabens
zu unerwarteten Entwicklungen
kommen, die Gegensteuern er-
fordern; die Begründungen dafür
sollten aber offengelegt werden,
so die AK.
HO
Interview: Abgasskandal
Pkw-Abgasskandal in Europa
Acht Millionen Pkw-Käufer sind vom VW-Abgasskandal in Europa betroffen. Das Ver-
trauen von Konsumenten in Herstellerangaben ist nachhaltig erschüttert worden. Wir
sprachen mit
Monique Goyens
vom BEUC.
War der VW-Abgasskandal nicht schon
früher absehbar?
Goyens:
Verbraucherorganisationen, Um-
weltverbände und Auto-Experten haben
schon seit Jahren auf die Missstände der
EU-Testverfahren für die Zulassung von
Pkw hingewiesen. Sogar ein kommissions-
internes Wissenschaftszentrum hat auf die
enormen Diskrepanzen zwischen den of-
fiziellen Testwerten und den tatsächlichen
Emissionen hingewiesen. Es war schon
lange klar, dass die Angaben der Hersteller
zu Schadstoff- und CO
2
-Emission keine
Aussagekraft haben. Was gefehlt hat, wa-
ren Beweise, dass Hersteller auch illegale
Methoden nutzen, um ihre Emissionsanga-
ben zu beschönigen.
Was wollen Sie für geschädigte Käufer
eines VW-Pkw errei
chen?
Goyens: Verbraucher sind durch das
Verhalten von VW zu Schaden gekommen.
Die Besitzer der betroffenen Pkw haben
aufgrund irreführender Versprechen einen
hohen Kaufpreis für ein „umweltfreund-
liches“ Fahrzeug bezahlt und fahren nun
ein Auto, das nicht den Angaben beim
Kauf entspricht. Neben einem niedrigeren
Wiederverkaufswert sehen sich Konsu-
menten möglicherweise auch mit einem
höheren Spritverbrauch konfrontiert. Es
gibt auch einen moralischen Schaden und
eine Beeinträchtigung der Gesundheit von
Fahrer und Umwelt. Aus diesen Gründen
müssen die Besitzer entschädigt werden,
und zwar unabhängig von den angekün-
digten Maßnahmen von VW. Volkswagen
behauptet zwar, dass durch die geplanten
Reparaturen alle Probleme behoben wer-
den und deswegen kein Schaden entsteht.
Aber seit der Aufdeckung des Skandals ist
mehr als ein halbes Jahr vergangen und
es wurde erst ein Bruchteil der illegalen
Abschalteinrichtungen entfernt. Außerdem
müssen Käufer sich auf die Versprechen
von VW und der deutschen Pkw-Behörde
verlassen können, dass die Reparaturen
nicht zu einem höheren Spritverbrauch
und einer niedrigeren Motorleistung führen.
Unabhängige Kontrollen gibt es nicht.
Gibt es schon erste Erfolge?
Goyens:
Seit Bekanntwerden des Skan-
dals haben wir das Gespräch mit VW
gesucht. Aber beim Thema Entschädigung
mauert das Unternehmen – obwohl es
danach aussieht, dass amerikanische
Verbraucher bis zu 5.000 Dollar bezahlt
bekommen und VW sich zusätzlich bereit
erklärt hat, betroffene Autos zu reparieren
oder zurückzukaufen. Weil VW in Europa
weiter darauf hofft, das Problem aussitzen
zu können, haben mehrere unserer Mit-
gliederverbände Sammelklagen gegen VW
angekündigt oder bereits eingereicht. Da-
durch erhöhen wir und unsere Mitglieder
den Druck auf VW, das Thema Entschä-
digung endlich auch für alle europäische
Verbraucher anzugehen. Auf politischer
Ebene arbeiten wir mit der EU-Kommissi-
on zusammen. Die Industriekommissarin
hat schon vor Monaten erklärt, dass eine
Entschädigung angemessen ist.
Was muss getan werden, damit sich so
etwas nicht wiederholt?
Goyens:
An erster Stelle müssen endlich
strengere Zulassungsverfahren eingeführt
werden. Hierzu liegt den EU-Mitgliedstaa-
ten und dem EU-Parlament seit Jänner
ein Vorschlag vor. Unter anderem sollen
Stichproben genommen werden, um die
Aussagekraft der Tests zu überprüfen.
Außerdem – und das wäre eine Neuerung
in der EU – sollen die Abgastests unter
realen Fahrbedingungen auf der Straße
durchgeführt werden. Nur so ließe sich
kontrollieren, ob der CO
2
- oder Schadstoff-
Ausstoß auch tatsächlich die gesetzlichen
Höchstgrenzen nicht überschreitet.
*Monique Goyens
ist Generaldirektorin von BEUC, die als Dachorganisation auf
EU-Ebene Verbraucherinteressen vertritt.
www.beuc.eu