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erkennbar und verschwand damit von

der Bildfläche. Selbst wenn kein Nitrat

mehr in den Boden eingebracht wird,

dauert es seine Zeit bis der Nitratgehalt

im Grundwasser abnimmt.

Grundwasserverträglichkeit

Auswertungen von Modellberech-

nungen ergeben, dass die aufgebrach-

te Düngemenge den entscheidende

Faktor bei erhöhter Nitratkonzentration

im Grundwasser darstellt. Dabei sind

alle Formen des Stickstoffeintrages

zu berücksichtigen, also mineralische

Düngung, Wirtschaftsdünger, Eintrag

aus der Atmosphäre wie auch der An-

bau von Leguminosen etc. Wesentlich

ist auch die Kenntnis der Qualität des

Düngers. Auch das Wissen über die

Erntemenge und den damit verursach-

ten Stickstoffentzug ist notwendig, um

den Bilanzüberschuss des Stickstoffs je

Hektar berechnen zu können. Genaue

Einschränkungen beim Aufbringen von

Nitrat sowie Feldaufzeichnungen dieser

Daten sind hilfreich, um bei Nitratverun-

reinigungen die Ursachen herausfinden

zu können. Beides könnte bei der Über-

arbeitung des Nitrat-Aktionsprogramms

verpflichtend eingeführt werden.

Seit Anfang der 1990er Jahre werden

auch Arzneimittelrückstände im Grund-

wasser nachgewiesen. In Österreich

wie auch in Deutschland wurden daher

2015 Studien zu dieser Thematik durch-

geführt. Die Ergebnisse zeigen, dass bei

manchen Stellen Antibiotika sowie Arz-

neimittelrückstände aufgetreten sind,

allerdings in so geringen Konzentratio-

nen, dass keine humantoxikologischen

Auswirkungen zu befürchten sind. Den-

noch sind bei Vorhandensein die Ursa-

chen abzuklären – meist kommen die

Substanzen über die Kanalisation ins

Fließgewässer und so ins Grundwasser.

Zielführend wäre es, Grenzwerte für die-

se Substanzen in der EU-Trinkwasser-

verordnung einzuführen.

Die Trinkwasserversorgung ist in Ös-

terreich fast ausschließlich in öffentlicher

Hand – weltweit sind es rund 80 Prozent.

In England hingegen wurde die Wasser-

versorgung unter Margaret Thatcher in

den 1980er Jahre privatisiert, in Frank-

reich hat die Verwaltung durch die Pri-

vatwirtschaft langjährige Tradition. Aus

diesen Ländern haben sich auch welt-

weit aktive Wasserkonzerne etabliert.

Weltweite Nummer eins ist Veolia Water:

70.000 Beschäftigte in 65 Ländern, Um-

satz 11,3 Milliarden Euro; 100 Millionen

Menschen werden mit Trinkwasser ver-,

für 63 Millionen das Abwasser entsorgt.

Die Wasserkonzerne sind weltweit aktiv,

um die Wasserversorgung finanzschwa-

cher Kommunen zu übernehmen. Frei-

handelsabkommen wie TTIP oder CETA

könnten ihnen den Zugang zu Märkten

erleichtern. Die „Allianz der öffentlichen

Wasserwirtschaft“ in Deutschland kri-

tisiert, dass neue Formen der Dienst-

leistungen im Wasserbereich künftig

automatisch unter die Liberalisierungs-

verpflichtung des CETA fallen, wonach

für Dienstleitungen erstmalig der Ne-

gativlisten-Ansatz angewendet wird.

Dies erhöht den Druck auf öffentliche

Dienstleistungen, da nach dem Prinzip

„list it or lose it“ bereits dann Liberalisie-

rungsverpflichtungen vorliegen, wenn

keine entsprechende Ausnahme ver-

ankert wurde. Auch bereits vorgenom-

menen Liberalisierungen können nicht

mehr zurückgenommen werden, was

den Handlungsspielraum für künftige

Rekommunalisierungen einschränkt. In

der EU wurden in den letzten 15 Jah-

ren über 120 Rekommunalisierungen

im Wassersektor vorgenommen, dar-

unter Paris, Berlin und Budapest. Zwar

wird in CETA von beiden Parteien an-

erkannt, dass Wasser im Naturzustand

keine Ware bzw. kein Produkt darstellt,

also nicht den Bestimmungen dieses

Abkommens unterliegt. Allerdings gibt

es bereits in der EU-WRRL einen viel

weiteren Schutz. Im Erwägungsgrund

1 der WRRL heißt es: „Wasser ist kei-

ne übliche Handelsware, sondern ein

ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt

und entsprechend behandelt werden

muss“. Ein ausdrücklicher Ausschluss

der Wasserver- und Abwasserentsor-

gung aus Freihandelsabkommen wäre

daher dringend geboten.

¨

Grundwasserschutz:

nicht verhandelbar

Über Jahre hinweg war das Gebiet

südlich von Graz als Grundwasser-

schongebiet ausgewiesen, da es

seit den 1990er Jahre mit viel zu

hohen Nitratwerten im Grundwasser

kämpft. Trotz rückläufigem Trend war

es immer schwierig, die maximale

Grenze von 50 mg/l Nitrat einzuhal-

ten. 600.000 KonsumentInnen und

über 1.000 Hausbrunnen sind davon

betroffen. Das Land Steiermark

beauftragte daher das Forschungs­

institut Joanneum Research, konkrete

Vorschläge zur Verbesserung der

Nitratsituation auszuarbeiten. Die For-

schungsergebnisse wurden auf eine

gesetzliche Basis gestellt. Seit 1. Jän-

ner 2016 ist das „Regionalprogramm

zum Schutz der Grundwasserkörper

Grazer Feld, Leibnitzer Feld und

Unteres Murtal“ gesetzlich bindend.

Landwirtschaftliche Bewirtschafter

müssen seitdem ein Betriebsbuch

führen, in dem sie innerhalb ei-

ner Woche nach einer land- oder

forstwirtschaftlichen Maßnahme den

Anbau, die Düngung, den Pestizidein-

satz usw. genau aufzeichnen. Damit

soll überprüfbar werden, welche

Schutzmaßnahmen tatsächlich wirken

und woher gegebenenfalls eine

Beeinträchtigung des Grundwassers

kommt. Die Düngung im Herbst ist –

bis auf wenige Ausnahmen – verbo-

ten, da die Studie zeigt, dass diese

für die Pflanzen wenig bringt, aber

das Grundwasser belastet. Zudem

sind für manche landwirtschaftliche

Bewirtschaftungen wasserrechtliche

Bewilligungen notwendig.

Wasserknappheit kann die Möglichkeit für

wachsenden Wohlstand und die Schaffung

von Arbeitsplätzen erheblich behindern.

www.arbeiterkammer.at

Wirtschaft & Umwelt 2/2016

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