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Kartellbehörden grünes Licht für

diesen Zusammenschluss ge-

geben. Bayer bezahlt rund 56

Milliarden Euro für die Fusion mit

Monsanto und wird dadurch zum

weltweit führenden Anbieter von

Saatgut und Pestiziden. Damit

wird die Machtkonzentration im

Saatgut- und Agrarchemiesektor

noch größer und der Wettbe-

werb erheblich geringer. Nach

der Übernahme wird auch der

Name Monsanto Geschichte

sein. Bayer möchte diesen mit

viel Kritik behafteten Namen

nicht weiterführen, die Produkte

sollen ihren Namen behalten.

Damit wird zukünftig Bayer mit

dem umstrittenen Pestizid „Gly-

phosat“ in Verbindung gebracht.

Das Pestizid wird von der WHO

als krebserregend eingestuft, die

EU-Zulassungsbehörde EFSA

kam zu einer anderen Einschät-

zung. Vorerst ist Glyphosat für

die nächsten fünf Jahre zuge-

lassen.

SI

VERÄNDERTE PFLANZEN

EuGH stärkt das

Vorsorgeprinzip

Der Europäische Gerichtshof

(EuGH) bestätigt das Recht von

Nichtregierungsorganisationen,

Fragen bezüglich der gesund-

heitlichen Risiken gentechnisch

veränderter Pflanzen gericht-

lich überprüfen zu lassen. Im

vorliegenden Fall geht es um

Gentechnik-Sojabohnen der

Firmen Monsanto und Pioneer,

die nach Einschätzung der NGO

Testbiotech und anderer Exper-

tInnen nicht ausreichend auf

gesundheitliche Risiken getestet

wurden. Die EU-Kommission

wollte es Testbiotech verwehren,

die Importzulassung gerichtlich

überprüfen zu lassen. Gegen

diese Rechtsauslegung hatte

Testbiotech eine Grundsatzklage

eingereicht. Der EuGH hat die

Klage jetzt für zulässig erklärt.

Die EU-Kommission hatte den

Import gentechnisch veränderter

Pflanzen auf der Grundlage von

unzureichendenRisikoprüfungen

erlaubt. Im Mai 2015 hatte Test-

biotech gemeinsam mit der Or-

ganisation GeneWatch UK einen

Antrag auf Überprüfung einer

Importzulassung für Gentechnik-

Sojabohnen mit veränderter

Ölqualität eingereicht. Die EU-

Kommission hatte erklärt, man

könne gemäß der entsprechen-

den EU-Verordnung (1367/2006)

nur Umweltrisiken überprüfen

lassen, nicht aber Risiken für die

menschliche Gesundheit. Dieser

Rechtsauffassung wurde jetzt

www.arbeiterkammer.at

Wirtschaft & Umwelt 2/2018

Seite 5

KOMMENTAR VON RUUD KLEIN

Kommentar

Neoliberaler Lieferservice

„Regierung räumt der Wirtschaft den Vor-

rang ein“, titelte die APA im März nach dem

10. Ministerrat. Da hatte die Bundesregie-

rung ua. eine Staatszielbestimmung „wettbe-

werbsfähiger Wirtschaftsstandort“ angekün-

digt.

Schon im Mai hat die Bundesregierung

den Vorschlag unverändert als Regierungsvor-

lage dem Parlament übermittelt. Der Vorschlag

ist übrigens wortident mit dem Initiativantrag,

der im Sommer 2017 über Betreiben der Wirt-

schaft anlässlich der ablehnenden Dritte-Piste-

Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts

schon einmal im Parlament eingebracht worden

ist. Er sollte das Bundesverfassungsgesetz über

den umfassenden Umweltschutz entschärfen,

damit Verkehrs- und Energieinfrastrukturprojek-

te nicht länger mit Umweltargumenten blockiert

werden können, so die Behauptung.

Die Wirtschaft hat bestellt und die Regierung

hat geliefert. Mit Vollgas und aller Kritik zum

Trotz. Für eine öffentliche Aussprache zu den

Begutachtungsergebnissen war auch keine Zeit.

Wer als Stakeholder gehört wird, wird ja situati-

onselastisch festgelegt.

Nun müssen sich die Regierungsparteien im

Parlament um die nötige Verfassungsmehrheit

bemühen. Man kann nur hoffen, dass es da

auch um die Frage geht, inwiefern ein solches

Staatsziel nützlich fürs allgemeine Beste ist.

Denn wie damit Planungssicherheit hergestellt

und Verfahren beschleunigt werden sollen, er-

schließt sich nicht. Wenn die Politik besser steu-

ern will, was bei Verfahren rauskommt, dann

müssen vielmehr Gesetze wie das Luftfahrt-

gesetz den Behörden und Gerichten deutlich

klarere Vorgaben machen. Doch zur überfälligen

Modernisierung der Infrastrukturgesetze trägt

das neue Staatsziel nichts bei.

Es bleibt nur die Symbolik, die es allerdings

auch sonst in sich hat: Denn wirtschaftliche

Grundrechte gibt es schon jetzt in der Verfas-

sung, soziale Grundrechte dagegen nicht. Käme

der „wettbewerbsfähige Wirtschaftsstandort“,

wie ihn die Industrie versteht zusätzlich in die

Verfassung, so könnte daraus ein Instrument

zur Aushebelung sozialer Rechte und kollektiver

Sicherungssysteme werden.

*

Werner Hochreiter

ist Jurist und Mitarbeiter der Abteilung

Umwelt & Verkehr der AK Wien.