

Wirtschaft & Umwelt 2/2018
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Schienenstrecken (mehr als
30000 Züge/Jahr) und Flughäfen
sowie für Ballungsräume auszu-
arbeiten sind. Die AK Wien hat
in den letzten Jahren kritisiert,
dass die Ausarbeitungen keine
ausreichenden Betroffenen-
analysen umfassen, und dass
Hot Spots nicht ausgewiesen
werden. Zudem fehlen oft Priori-
tätensetzung, konkrete Maßnah-
menvorschläge und Angaben,
wo und wie viele Personen in
den nächsten fünf Jahren ent-
lastet werden sollen (https://
wien.arbeiterkammer.at/service/stellungnahmen/umwelt/Laer-
maktionsplan_2013.html ).
HO
WETTBEWERB
Staatsziel Wirtschafts-
standort
Die AK Wien hat den Entwurf
für ein neues Staatsziel „wettbe-
werbsfähiger Wirtschaftsstand-
ort“ entschieden abgelehnt.
Der Gesetzesentwurf will den
in der Verfassung verankerten
Staatszielen „Nachhaltigkeit“
und „Umweltschutz“ ein wei-
teres Staatsziel hinzufügen,
um so zu verhindern, dass
wirtschaftliche Interessen, wie
z.B. die Umsetzung großer Inf-
rastrukturvorhaben, gegenüber
umweltpolitischen Zielen ins Hin-
tertreffen geraten. Anlass dafür
war die negative Entscheidung
des Bundesverwaltungsgerichts
für die Dritte Piste am Flughafen
Schwechat. Was der Entwurf
zur Verfahrensbeschleunigung
beitragen soll, ist aber nicht er-
sichtlich. Dafür verstärkt er noch
die schon bestehende soziale
Schieflage in der Verfassung. An-
ders als in vielen EU-Staaten gibt
es in Österreich keine sozialen
Grundrechte. Mit dem Staatsziel
werden die schon bestehenden
wirtschaftlichen Grundrechte
(Eigentum, Berufsausübung) da-
gegen weiter verstärkt.
HO
INTERVIEW MIT DER NEU GEWÄHLTEN AK-PRÄSIDENTIN RENATE ANDERL
DAS AK-ZUKUNFTSPROGRAMM
Der AK weht mit der neuen Regierung ein kräftiger Wind entgegen. Bis Ende Juni
sollte die AK ein Reformprogramm präsentieren. Die AK reagiert auf diese Forderun-
gen proaktiv und präsentiert ein Zukunftsprogramm. Die neu gewählte AK-Präsidentin
Renate Anderl
beantwortet unsere Fragen dazu.
Wieso hat die AK die Initiative „Wie soll
Arbeit“ gestartet?
Wir haben den Mitgliederdialog ge-
meinsam mit dem ÖGB aus einem ganz
einfachen Grund geführt: Die Mitglieder
bestimmen über unsere Arbeit und nicht
die Politik: denn sie finanzieren die AK.
Wir wollen unseren Mitgliedern noch
mehr für das gleiche Geld anbieten. Der
AK-Mitgliedsbeitrag beträgt bei einem
mittleren Einkommen 7 Euro netto. Das ist
ein relativ kleiner Beitrag, doch er erzielt
eine große Wirkung: Durch die AK-Umlage
werden sämtliche Beratungs- und Unter-
stützungsleistungen finanziert, ebenso die
interessenpolitische Arbeit der AK. Eine
Senkung könnte den Mitgliedern vielleicht
zwei Euro im Monat ersparen, hätte aber
zur Folge, dass sich das Leistungsange-
bot der AK verringern würde.
Wie ist diese Initiative bei den Mitglie-
dern angekommen?
Wir haben erreicht, dass aus „Wie soll
Arbeit?“ der größte Dialog über die Zukunft
unserer Arbeitswelt entstanden ist, den
Österreich je gesehen hat: über eine Million
Menschen haben sich an dieser Initiative
beteiligt. Insgesamt gab es mehr als 3700
verschiedene Aktionen: in Betrieben, in
Form von Straßenaktionen sowie bei Groß-
und Fachveranstaltungen. Dazu kommen
Dialoge auf Social Media, die Rückmel-
dungen über die Antwortkarten und vieles
mehr. Überwältigend war nicht nur die
große Zahl an Rückmeldungen, sondern
auch die Qualität und die Tiefe, mit der der
Dialog geführt wurde. Das Feedback, das
wir bekommen haben, zeigt unmissver-
ständlich, was den Beschäftigten in un-
serem Land unter den Nägeln brennt. Die
Dialog-Initiative ist zwar nun zu Ende, aber
den Dialog mit den Mitgliedern werden wir
weiter intensiv führen.
Was brennt den ArbeitnehmerInnen
sprichwörtlich unter den Nägeln? Was
erwarten Sie von der AK?
Im Rahmen der Dialoginitiative haben wir
auch gefragt, welche Leistungen der AK
unseren Mitgliedern besonders wichtig
sind. Hier wurden von sehr vielen Men-
schen folgende vier Punkte genannt:
Aus- und Weiterbildung, Beratung bei
Mietrecht und Wohnen, Pflege, die Altern
in Würde möglich macht, und das Thema
Digitalisierung. Deswegen haben die neun
Länder-Arbeiterkammern gemeinsam ein
Zukunftsprogramm mit noch mehr Leis-
tungen ausgearbeitet.
Wie sieht das AK-Zukunftsprogramm
aus?
Unser Zukunftsprogramm folgt dem
Prinzip: mehr und verbesserte Leistun-
gen für das gleiche Geld. Das Herzstück
des Programms ist eine Digitalisierungs-
Offensive. Dafür nehmen wir in den
nächsten fünf Jahren 150 Mio. Euro in die
Hand, die in zwei Fonds fließen sollen.
Zum einen wird ein Qualifizierungsfonds
für unsere Mitglieder zur Unterstützung
der Weiterbildung eingerichtet. Das Geld
kann für Kurse, Lehrgänge und Teilnah-
megebühren oder auch als Beitrag zu
den Lebenshaltungskosten in Form eines
Stipendiums bei einer Verringerung der
Arbeitszeit oder bei einer Karenzierung
verwendet werden. Denn je höher das
Qualifizierungsniveau, desto höher das
Einkommen und desto geringer das Risi-
ko, arbeitslos zu werden. Zudem soll ein
Projektfonds „Arbeit 4.0“ zur Förderung
von Projekten und Ideen kommen, die
neue Arbeitsplätze schaffen und Arbeits-
bedingungen verbessern. Unser Ziel ist
es eine optimale Gestaltung der Digitali-
sierung im Sinne der ArbeitnehmerInnen
zu erreichen.
Renate Anderl
ist Präsidentin der
der Arbeiterkammer Wien und der
Bundesarbeitskammer.