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Wirtschaft & Umwelt 3/2015
zusätzlichen Ausbaupotenzial von 3,5 TWh
bis 2020 aus, was in Summe 7 TWh bis 2020
bedeuten würde. Umweltorganisationen
hingegen gehen in ihren Schätzungen von
einem maximalen Ausbaupotenzial von 2,5
TWh aus, da sie besonders sensible Ge-
wässerzonen generell vor einem weiteren
Ausbau schützen wollen. Die Bundesländer
Tirol, Steiermark, Vorarlberg und Niederös-
terreich haben Rahmenplanungen für den
Kraftwerksausbau beschlossen. Der bun-
desweit eingeführte „Kriterienkatalog Was-
serkraft“, der beim Neubau eines Kraftwer-
kes verpflichtend anzuwenden ist, bietet eine
wichtige Hilfestellung, ist allerdings immer
nur eine Einzelfallprüfung. Was daher noch
immer fehlt, ist eine strategische, österreich-
weite Planung, die sowohl klima-, energie-,
umwelt- und gesellschaftspolitische Aspekte
berücksichtigt. Insbesondere muss auch
das Revitalisierungspotenzial bereits beste-
hender Kraftwerke gänzlich ausgeschöpft
werden. Der oftmals umstrittene Ausbau von
Speicher- und Pumpkraftwerken wird zum
Teil notwendig sein, umdie Ziele der Energie-
strategie sowie der Erneuerbaren-Energien-
Richtlinie der EU zu erreichen, aber auch,
um künftig die volatile Ökostromerzeugung
bei Windkraftwerken ausgleichen zu können.
Moderater Kraftwerksausbau
Die Umsetzung von neuen Kraftwerks
projekten sollte nach umfassenden Prüfun-
gen die zweite Priorität sein. Allerdings sind
gegenwärtige Planungen im Stocken, da
derzeit die Strompreise niedrig sind. Konnten
im Jahr 2008 noch durchschnittlich 55 Euro/
MWh am Großhandelsmarkt erzielt werden,
sind es bisher im Jahr 2015 im Durchschnitt
35 Euro/MWh. An dieser Situation wird sich
in absehbarer Zeit wenig ändern: die Prog-
nosen gehen auch für die Zukunft von eher
niedrigen Großhandelspreisen aus. Daher
ist seitens der Wasserkrafterzeuger das In-
teresse an neuen Kraftwerksprojekten eher
gering, bereits geplante Projekte werden in
die Zukunft verschoben und auch Revitali-
sierungsprojekte von bereits bestehenden
Kraftwerken verzögern sich dadurch. Dabei
wäre es gerade jetzt bei der angespannten
konjukturellen Lage wichtig, Investitionen
zu tätigen, um vorhandene Revitalisierungs-
potenziale voll auszunützen, ökologische
Projekte für die Zielerreichung der WRRL
sowie für neue Projekte mit hohem Gewäs-
serschutz umzusetzen.
Gewässerschutz & Kraftwerksbau
Fast zeitgleich mit der österreichischen
Energiestrategie wurde 2009 der NGP zur
Umsetzung der WRRL veröffentlicht. Das
Hauptziel ist, dass alle österreichischen Ge-
wässer bis 2015 mindestens einen „guten
ökologischen Zustand“ bzw. ein „gutes
Potenzial“ aufweisen. Mit Ende Juli 2015
endete die Öffentlichkeitsbeteiligung für den
2. NGP, bis spätestens 22. Dezember muss
dieser veröffentlicht sein. Wie schon der
erste, wird auch der 2. NGP als Verordnung
festgeschrieben, um eine rechtlich gültige
Basis für die vorgeschlagenen Maßnahmen
zu haben. Derzeit besteht für 58 Prozent der
Oberflächengewässer einRisiko, dasZiel des
„guten ökologischen Zustands“ aufgrund
von hydromorphologischen Belastungen bis
2021 zu verfehlen. Es sind somit noch einige
Anstrengungen notwendig, um die Ziele der
WRRL bis 2027 zu erreichen. Für dieWasser-
kraft bedeutet dies einige Investitionen in die
Ökologie wie zum Beispiel in die Fischpas-
sierbarkeit, Restwassermengen etc., woraus
in der Regel eine geringere Energieerzeu-
gung folgt. Kleinwasserkraftwerke genießen
in der Öffentlichkeit einen guten Ruf. Bei
näherer Betrachtung zeigt sich aber, dass
ihre Leistung gemessen an der gesamten ös-
terreichischen Stromproduktion sehr gering
ist, die ökologischen Auswirkungen jedoch
erheblich sind. So werden mit 84 Prozent
aller Wasserkraftanlagen nur vier Prozent
des Regelarbeitsvermögens erbracht, da es
sich dabei um Kleinstkraftwerke mit einer
Engpassleistung kleiner als 1 MW handelt.
Für diese Kleinwasserkraftwerke müssen
– nach derzeitiger Planung – erst ab 2021
Investitionen in die Ökologie gesetzt werden.
Auswirkungen des EuGH Urteils
Spannend wird sein, wie sich das Urteil
des EuGH (C-461/13, Weser) vom 1. Juli
2015 auf die künftige Wasserpolitik aus-
wirkt. Dort kommt der EuGH zum Schluss,
dass eine Verschlechterung des Zustandes
eines Gewässer bereits vorliegt, sobald der
Zustand mindestens einer Qualitätskompo-
nente im Sinne des Anhangs V der Richtlinie
um eine Klasse sinkt, auch wenn diese Ver-
schlechterung nicht zu einer Herabstufung
des Oberflächenwasserkörpers insgesamt
führt. Mit diesem Urteil bläst dem künftigen
Ausbau der Wasserkraft wohl ein starker
Wind entgegen.
£
Politik
Unser Standpunkt
Österreichs Gewässerschutz braucht:
¢
Strategische, landesweite Planung, die Klima-, Energie-,
Umwelt- und Gesellschaftsaspekte berücksichtigt
¢
Nutzung der Revitalisierungspotenziale der Kraftwerke
in vollem Umfang
¢
Ökostromförderung nur als Investitionsförderung
¢
Energieeffizienz als Leitlinie
DERZEIT ENTSPRECHEN 37 PROZENT DER ÖSTERREICHI-
SCHEN FLIESSGEWÄSSER DEM UMWELTZIEL „SEHR GUTER
UND GUTER ZUSTAND“ BZW. „GUTES POTENZIAL“.